SHIVAS EYES & LEBENDIGE U-BOOTE

Zwei Tage verbringen wir am wunderbaren Strand von Marakolliya bei Tangalle. Morgens ist es ganz angenehm, ab 11 Uhr wird es aber  brütend heiß. Nicole liest und schläft, ich sammle Muscheln und beobachte die Schildkröten beim Grasen in Ufernähe.

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Ein einziges Mal traue mich im geschützten Bereich ins Wasser des Indischen Ozeans. Er ist warm und immer noch unberechenbar wild. Eindeutig Männersache!

Beim Ratschen mit unseren Vermietern Natalie und Suranga erfahren wir ganz nebenbei Vieles über Land und Leute, hören,  dass Lebensmittel, Alkohol und Zigaretten wegen der hohen Steuer sehr teuer sind, dass es ebenso kostspielig ist, ein Dach auf dem Haus zu montieren. Wir wissen jetzt, dass die Singhalesen an jedem Vollmondtag einen freien Feiertag haben und sowohl Bauplatz, als auch Haus und Hochzeit von einem Mönch (ab-)gesegnet sein muss.

Wir haben uns inzwischen entschieden, das Whale Watching in Mirissa auf unserem Weg nach Galle „mitzunehmen“. Das heißt ganz früh aufstehen, denn die Boote verlassen meist um 6.30 Uhr den Hafen in Mirissa. Nachdem man laut Surangas Auskunft von Tangalle bis Mirissa mit dem Tuk-Tuk nur eine Stunde braucht, starten wir mit unseren Backpacks um kurz nach 5 Uhr im Dunkeln. Der Fahrtwind ist noch frischer als sonst im Tuk-Tuk und mit der Sonnenbrille als Windschutz bleibt es noch lange finster. Die Straßen sind leer und wir reißen die Kilometer windschnittig runter, aber irgendwie kommt uns die Fahrzeitangabe singhalesisch vor. Als die Uhr 6 schlägt und noch nicht einmal Matara in Sicht ist, werden wir leicht unruhig. Mein GPS zeigt an, dass wir gerade einmal die halbe Wegstrecke zurückgelegt haben. Unsere besorgte Rückfrage an den Fahrer wird – eher weniger überrzeugend – mit „all okay“ beantwortet. Die Zeit vergeht, der GPS-Pfeil zuckelt über mein Smartphone-Display. Durch stinkende Rauchwolken der privatrechtlichen Müllverbrennung vorbei an den ersten Wellenreitern auf ihren Surfbrettern passieren wir endlich Matara. Um 6.50 Uhr, also nach mindestens 1 Stunde und 50 Minuten staufreier Fahrzeit, sind wir am Ziel am Hafen von Mirissa angekommen.

Hier herrscht ein reges… naja eher chaotisches Treiben: Tuk-Tuks, Guides, rangierende Kleinbusse und dazwischen Touristen mit ihren Fressboxen. Wir harren in unserem Tuk-Tuk der Dinge, die da kommen. Es dauert. Unser Vertrauen in unseren Fahrer schwindet beim Anblick seiner ratlosen Mimik und seines unwissenden Geschaus. Seine Gage von 3500 Rupien für die Fahrt halte ich fest unklammert, wild entschlossen, ihn erst zu bezahlen, wenn wir einen Fuß auf dem Atlantis Whale Watching Boot haben. Bisher sehen wir noch nicht einmal ein einziges Schiff. Wir sollen abgeholt werden. Crew-Mitglieder anderer Reedereien irren suchend umher, dann werden auch wir endlich gefunden und zu einem unübersichtlichen Parkplatz dirigiert, der wiederum fließend übergeht in ein sehr chaotisch-unfallträchtiges Werftgelände. Wir laden unsere Backpacks aus und müssen alle Sinne beisammen halten, um nicht unter die Räder der rangierenden Fahrzeuge oder den Kiel einer der kreuz und quer abenteuerlich aufgebockten Kähne zu geraten oder am Ende über am Boden liegenden Unrat, Werkzeug oder Fässer fraglichen Inhalts zu stolpern. Und da schau an… am Ende dieses Irrgartens aus Altmetall und Müll liegt doch tatsächlich noch ein einsamer Whale Watching Kahn im Mirissa Harbour und wartet auf uns. Nicole checkt uns und unsere Rucksäcke ein, derweil versuche ich, im Gewusel unseren Tuk-Tuk-Fahrer ausfindig zu machen, um ihn endlich zu entlohnen.

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Unser Boot ist nicht voll belegt, jeder von uns kann einen Sitz direkt an der Reeling beziehen… wäre da nicht dieser kräftige Dampfplauderer in der Crew, der große Reden schwingt: Auf dem oberen Deck sieht man nicht so gut, auf der linken Seite sieht man die Wale besser als rechts… blablabla… so ein Geschwätz! Dann bittet er uns beiden – wegen der Balance!!! – für die Ausfahrt aus dem Hafen die Plätze in der 1. Reihe zu belegen. Wir könnten anschließend wieder auf unsere jetzigen Sitzplätze zurück. Großes Ehrenwort! Blöd und nett wie wir sind, haben wir das gemacht und keine 10 Minuten später waren unsere Top-Plätze vergeben. Sowas macht mich ja stinksauer und stockaggressiv!! Wir sitzen also ganz vorne, wo der Wellen-Aufprall am stärksten ist und müssen im 90°-Winkel nach links schauen, um einen Blick an den Aufbauten vorbei aufs Meer zu erhaschen! Da ist die Seekrankheit ja nun wirklich vorprogrammiert 😝 Ohne mich! Ich ziehe wieder um, geige dem Dummschwätzer mal ordentlich die Meinung über sein Gebahren und werde in Folge zuvorkommends bedient. Jetzt kann auch ich entspannt aufs Meer schauen und der Begegnung mit den Ozeanriesen entgegen sehen.

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Die lässt auch nicht lange auf sich warten. Etwa 30 km vor der Küste machen wir jede Menge der wohl eher seltenen Sperm Whales ausfindig. Schon von Weitem sind sie an der Fontäne aus ihrem Atemloch gut zu erkennen.

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In Gruppen von 1 bis sagenhaften 13 Tieren tauchen die U-Boot-ähnlichen Kolosse auf, schwimmen langsam und lassen sich manchmal fast bewegungslos treiben. Wenn sie genug haben, tauchen sie ab und hin und wieder erscheint dann auch mal die Schwanzflosse über dem königs- und azurblauen Ozean.

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Wir haben wirklich das Glück, ungezählte Exemplare dieser Walart beobachten und filmen zu können. Ihre Fontänen schimmern in Regenbogenfarben, selbst die Crew ist ganz angetan und happy.

Auf dem Weg zurück in den Hafen entdecken wir noch eine Schule fideler Delfine und einige Schwimm-Akrobaten erfreuen uns mit Pirouetten und luftigen Sprüngen.

Genauso sportlich und akrobatisch geben sich die jungen Backpacker/innen an Bord bei ihrem Sprung ins kühle Nass vor der Heimfahrt in den Hafen von Mirissa.

Nach fünf Stunden auf See kämpfen wir uns mit unseren Backpacks wieder mit eingezogenem Kopf durch die Schiffswracks der Werft. Ich bin so geschockt, dass ich noch nicht einmal einen Foto-Schnappschuss mache. Völlig unverständlich, dass dieser Mini-Hafen, in dem täglich Hunderte von Touristen auf die Ausflugsboote verladen werden, so verwahrlost ist und die Organisation jeden Tag ein einziges Chaos.

Aber es spiegelt auch generell die Art und Weise wieder, wie die Singhalesen mit ihrer wunderbaren Natur und ihrem direkten Umfeld umgehen. Ihr Auftreten erscheint mir persönlich oft oberflächlich, lieblos und gelangweilt. Häuser und Gebäude verwahrlosen, Gestank und Abgase sind in Ballungszentren enorm, Abfälle und Plastikmüll wird von Mann, Kind und Kegel völlig unbefangen aus Bussen und Zügen geworfen oder einfach fallen gelassen, wo man gerade steht, sitzt, liegt. Mülleimer muss man regelrecht suchen gehen. Sehr schade und traurig, dass gerade die sehr gläubigen Menschen dem Leben und der Natur so wenig Wertschätzung und Respekt entgegen bringen. Da helfen in meinen Augen auch auch keine Räucherstäbchen-Orgien, sondern grundlegende Erziehung zum ökologischen Umgang mit ihrem wertvollsten Gut, der Flora und Fauna.

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