Das fängt ja schon gut an. Der Taxifahrer ist total muffig. Er lädt mein Backpack nicht ein, redet kein Wort und ich sitze im stinkenden Abgas-Zug des Dauerstaus von Arequipa. Kath-Autos sind hier auf den Straßen eher weniger vertreten, wenn überhaupt. Ich erinnere mich, dass bei uns früher auch so dicke Luft war.
Am Terminal Terrestre ankommen laufe ich am Reyna Schalter vorbei, um gezielt den Bus um 9 Uhr von Andalucia anzusteuern. Der Schalter von Andalucia ist am anderen Ende der Halle. Dort lese ich am Aushang, dass der Bus doch erst ne halbe Stunde später um 9.30 Uhr fährt. Also zurück zum Reyna Schalter am Anfang der Halle, der aber nicht für die Regionalbusse zuständig ist. Am richtigen Schalter angekommen, erfahre ich, dass der nächste Bus von Reyna Richtung Cabanaconde nicht um 8.30 Uhr nach Plan fährt, sondern erst um 11 Uhr. Bei 6 Stunden Fahrt ist mir das zu spät, Also noch einmal zurück zum Andalucia Schalter, wo ich endlich mein Ticket für 17 Soles (knapp 6 €) erstehe. Etwas ’spanisch“ kommt es mir vor, dass der Mann am Schalter meinen 100 Soles Schein nicht wechseln kann und für 5 Minuten durch die ganze Schalterhalle rennt, um zu tauschen. Egal, jetzt fehlt nur noch das Boleto für die entrichtete „Bahnsteiggebühr“, damit ich die heiligen Abfahrts-Rampas betreten darf.
Untermalt wird meine morgendliche Aktion vom nervigen Geschrei der Busticket-Anbieter, die unangenehm laut Mark und Bein durchdringen.
Witzig, dass die Hals Bonbons hier „Halls“ heißen. Hab mich schon gewundert, dass die Frau am Kiosk Deutsch spricht, als ich ihr was vorhuste und auf meinen Hals deute.

Um 9.30 Uhr ist noch kein Bus angekommen, geschweige denn ausgeräumt. Ich witzel über WhatsApp rum, dass ich nun auch die „hora peruana“ kennen lerne und am Ende wohl doch erst um 11 Uhr los komme …
Um 10 Uhr wird es uns drei Reisenden (ein zum Glück Spanisch sprechendes Pärchen aus Mexiko) und selbst dem Kontrollpersonal etwas suspekt. Wir gehen zum Andalucia-Schalter, doch da ist niemand! Um 11 Uhr fährt der einzige noch zur Tageslichtzeit ankommende Bus der Gesellschaft Reyna. Wir entscheiden spontan, uns auf diesem Bus noch Plätze zu sichern. Die doppelt gezahlten 17 Soles sind zu verschmerzen, aber es geht darum, dass man beim Ticketkauf an einem offiziellen Schalter für einen im offiziellen im Fahrplan eingetragenen Bus nicht beschissen wird. Also suchen wir die Polizei auf.

Vom braunen Polizisten geht es zu weißen Polizisten, dann wieder zu braunen und wieder zu weißen. Die Touristen-Polizei nimmt sich schließlich unserer Beschwerde an, ein einstündiges Aufnahmeprocedere nimmt seinen Lauf und endet in der Unterzeichnung mit Fingerabdruck! (Dies ist nur die Seite 2 des handschriftlichen Protokolls)

Inzwischen ist auch der Reyna-Bus vorgefahren und die Polizistin schreibt und schreibt und schreibt… vielleicht schreibt sie immer noch.
Der Witz an der ganzen Geschichte ist ja, dass die Dame in der offiziellen Touristen-Info an der Plaza Major mir geraten hat, mit den lokalen Bussen nach Fahrplan zu fahren und ja nicht mit den Minibussen für Touristen, da die unzuverlässig seien.
Natürlich bin ich jetzt noch zwei Stunden länger unterwegs als geplant. Da wird es mich mit den drei Obstteilen, die ich dabei habe, sicher hungern. Der Nachbar hat dafür Essen für drei Tage mit und ist eigentlich ständig am Mampfen.
Aber es rollt und wir durchfahren traumhafte Landschaften. Und da sind sie plötzlich, die ersten freilebenden Vikuñas!! Mein Gott sind die süß, Fotostop, Fotostop schreit mein Herz, wenn sie direkt neben der Straße posieren …



Dann ein Knall gefolgt von einem langen Pffffff…. Ja, ich habe heute das volle Programm gebucht. Reifenpanne in der Ödnis, gerade hier sind leider keine fotogenen Lebewesen in Sicht.

…. in die eine Richtung
.. in die andere Richtung
Aber die Fahrer sind fit, nach 20 Minuten ist der Wechsel erledigt. So, jetzt mal Gas geben. Aber denkste … wir halten hier und da im Nirgendwo und nehmen Indios auf. Ist zwar nett anzusehen, aber jeder Stopp kostet wieder unendlich viel Zeit, bis das Gepäck verladen ist. Nun spüre ich auch die Höhe. Kopfschmerzen und schweres Atmen machen sich breit und der Magen knurrt.
Die Unternehmung Bord-Toilette habe ich lange rausgezögert. Bei einem langsamen Baustellen-Stück wage ich mich. Ach du meine Güte!! Während der Bus wieder Fahrt aufnimmt und ich relativ unkontrolliert über der Schüssel hänge, hoffe ich nur, dass er nicht gerade jetzt einen Unfall baut!!
Die grandiose Landschaft entschädigt für die Strapazen.
In Chivay wird die Lage leider auch nicht entspannter. Der Bus füllt sich brechend voll mit Indios. Mein Schädel brummt derweil immer mehr. Und das Bord-Entertainment hämmert mit dem grässlichen Mord-und-Totschlags-Geschrei aus der Django 2000 Schlussszene noch mehr drauf ein. Diese Szene habe ich schon am Fernseher gehasst.
Nach Maps.me sind es immer noch 1,5 Stunden Fahrzeit bis nach Cabanaconde. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Die Straße schlängelt sich den Colca Canyon entlang. Einerseits möchte ich endlich ankommen, anderseits bete ich, der Bus möge langsamer fahren, wenn die Straße hier und da recht nah am Abgrund endet … ohne Leitplanken. Die ein- und aufsteigenden Einheimischen bleiben da völlig gelassen.
Es ist dunkel, als wir um kurz nach 18 Uhr auf dem Marktplatz von Cabanaconde ankommen.
Das Hostel Pachamama ist in dem kleinen Örtchen schnell gefunden und es ist, insbesondere nach dieser Tortur, wie der Eintritt in den Himmel.
Wohlige Wärme, heimelige Atmospäre und eine fantastische Küche – sowohl optisch, als auch geschmacklich. Der coole Chef Ludwig und sein Adjudant Manuel wissen, wie man es macht. Schnell sind Kontakte geknüpft, Erlebnisse ausgetauscht und Pläne geschmiedet. Immer wieder erstaunlich für mich, wie relativ unvorbereitet die Traveler hier auflaufen. Ich kenne natürlich schon alle Wander-Optionen rund um Cabanaconde, in die uns Manuel einweist. Ein Pärchen möchte die gleiche 2-Tagestour machen wie ich. Meine Intention, wegen der Länge der Wanderung von 7 Stunden spätestens um 8 Uhr zu starten, stößt auf keine große Begeisterung. Wir verabreden uns also eher mal locker zum Frühstück.
So, Ihr Lieben, das war leider vorerst mein letzter Blogbeitrag. Für mich geht es jetzt auf den Salkantaytrek nach Machu Picchu. Aber auch davon abgesehen, ist das Bilderhochladen eine zeitfressende Tortur. Vielleicht lasse ich euch wenigstens tectlich wissen, was ich so treibe. Bin in 6 Tagen zurück.
Danke, liebe Andrea für Deinen ausführlichen Reiseblog, ich habe immer das Gefühl bei Dir mitzureisen… Einen schönen Urlaub noch und komme Gesund wieder… LG
Hy Andrea , man fühlt sich mitten drinn im Abenteuerurlaub 🙂
Viel Spaß noch !!
Grüßle Reinhard
Liebe Andrea, sind ja traumhafte Landschaften und sehr schöne gepflegte Städte. Liebevolle Unterkünfte hast Du Dir ausgesucht. Ich wünsche Dir viel Spaß und super Wetter bei deinem Salkantaytrek. Du hast mich jetzt schon inspiriert auch endlich mal nach Peru (Südamerika) zu reisen.
Bleib schön gesund, bin schon neugierig auf deine weiteren Abenteuer