Die klassische 2-Tages-Wanderung im Colca Canyon ruft. An Tag 1 führt eine 7-stündige Wanderung vom Mirador San Miguel 1100 hm runter nach San Juan de Chuccho. Von dort geht es wieder 500 hm rauf nach Coshñiwara und Malata. Schließlich dann der Abstieg zur Oase Sangalle im Colca Canyon. Das Ganze auf nur 14 km Wegstrecke, also alles schön knackig steil.
Ha, wie schon vermutet, liegen um 7 Uhr noch alle in den Betten. Nachdem um 8 Uhr immer noch niemand vom gestrigen Tisch zu sehen ist, ziehe ich alleine los. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist mir das auch lieber. Ich genieße die Ruhe, kann stehen bleiben und staunen, wo immer es mir gefällt und werde nicht abgelenkt von anstrengendem Geplauder.
Ausgestattet mit ausreichend Wasser für zwei Tage, Wanderkarte und Sonnenschutz verlasse ich Cabanaconde. Welch eine traumhafte Lage dieser kleine Ort im Nirgendwo hat!


Kurz nach dem Friedhof kommt mir eine junge Belgierin entgegen. Sie hat auf dem Weg ihre Jacke samt Pass verloren. Leider habe ich sie nicht gesehen, aber wenig später wird sie fündig und schließt zu ihrer Gruppe von sechs Leuten auf. Der Weg zum Mirador ist nicht ganz einfach zu finden und natürlich in einem südamerikanischen Land nicht ausgeschildert wie bei uns daheim. Deshalb sollte man sich vorab informieren, aber die Gruppe irrt wild umeinander, ein Teil sucht rechts, ein anderer links, dabei geht der Weg geradeaus vorbei am heimischen Fußball-Stadion. Da kann ich immer nur den Kopf schütteln, wie planlos die jungen Leute losziehen. Unterwegs treffe ich sie noch zweimal. Beim ersten Mal prahlen sie, dass sie für die ganze Tour von Arequipa bis Cabanaconde einschließlich Canyon Touristengebühr (die alleine schon 70 Soles beträgt) und Übernachtung mit Frühstück 35 Soles bezahlt haben. Beim zweiten Mal sehen wie uns wieder an der Brücke im Canyon, wo sie die Touristengebühr zu löhnen haben. Tja, man kriegt halt nix geschenkt im Leben. Vermutlich sind sie einer der Organisationen aufgesessen, die keine Genehmigung zum Touristentransport haben. Hätte man sie früher erwischt, hätten sie eventuell sogar ganz umkehren müssen.


Auch wenn ich mein Oasen-Ziel schon im Blick habe, der Abstieg in dem Colca Canyon ist steil, rutschig und schweißtreibend. Zum ersten Mal kommt mein roter Universalschirm zum Einsatz: egal ob zur Abwehr von Sonne, Sandsturm, Regen oder kläffenden Hunden … ich liebe ihn!!


Nach knapp drei Stunden und tausend Fotos bin ich am tiefsten Punkt im Canyon und mache erst einmal Brotzeit. Da wäre mir beim Bezahlen der Touristengebühr doch fast mein Soles-Vermögen in den Canyon weggeflogen.

Mit offiziellem Ticket geht’s weiter nach San Juan de Chuccho. Diese kleine Holzbrücke über einen wirklich kleinen Zufluss aus den Bergen soll ich überqueren. Mein Gott, bin ich ein Schisser, mir schlockern beim Anblick schon gleich wieder die Knie. Dann doch lieber Schuhe aus und auf festem Boden durch das Gewässer. Ach, und wo ich schon mal die Schuhe aus hab – weit und breit ist niemand zu sehen – dann nutze ich doch gleich die Gelegenheit zum Gumpen-Baden! Mei, so schee wia dahoam.

In Juan de Chuccho bin ich beim willkommen der kläffenden Hunde links und rechts des schmalen Fußpfades ja mal wieder heilfroh um meinen Schirm. Damit schlage ich jede Bestie in die Flucht.




Über kleine Pfade und schmale Wege an Wasserkanälen vorbei schnaufe ich wieder 500 hm nach oben. Danach geht es durch die wirklich trostlosen Orte Coshñiwara und Malate eben dahin. Die letzte Herausforderung ist der steile, staubige Abstieg in die Oase Sangalle. Aber das Ziel ist in Sicht und beflügelt. Ich sehe schon, dass der Swimmingpool auf meine müden Körperteile wartet.

Schnell „eingecheckt“ und mein Bett im 12-Dorm bezogen – ich schlafe dort tatsächlich mutterseelenallein und könnte jede Stunde das Bett wechseln.

Dann geht es für eine Runde in den Pool, bevor die Sonne um halb sechs weg ist. Auch sonst ist nicht viel los. Ein Pärchen, zwei Mädels aus Deutschland und eine geführte Mädels-Truppe.
Am nächsten Morgen verlassen alle die Oase schon zu Schlafenszeiten, also habe ich den kleinen Garden de Eden ganz für mich alleine. Auf 2200 m im Oasen-Pool schwimmen und rundum zu den Canyon-Wänden aufschauen, das hat was.

Gegen Mittag bin ich gut erholt für die 1200 hm Aufstieg aus dem Canyon … denke ich. Dank Schirm kann ich die Sonne zumindest davon abhalten, mein Hirn zu braten, aber auch so schafft mich die Steilheit, die stehende Hitze und der staubige Weg. Mit dem Atmen klappt es trotz angehender Angina recht gut. Ich kämpfe mich von einem der raren Schattenplätze zum nächsten. Ich weiß, ich schaffe das, auch 1200 hm haben irgendwann mal ein Ende.

Die wenigen jungen Leute auf dem Trek kämpfen auch, das beruhigt. Sie sind erst am Morgen zur Oase abgestiegen und laufen die 1200 hm gleich wieder rauf, weil sie um 15 Uhr den Bus kriegen wollen. Da haben sie sich aber schwer verkalkuliert. Sie erreichen zusammen mit mir erst um 16.30 Uhr den MIrador de Cejana.
Eigentlich habe ich ja den Inka Trail nicht gebucht, weil ich es mit meinen kurzen Haxen hasse, Stufen zu laufen. Habe jetzt aber den Eindruck, dass es in Peru ohne Stufen nicht geht. Es ist so anstrengend!

Hin und wieder kommen uns die Transport-Mulis entgegen. Zuerst begeistert, ob des tollen Fotomotivs, lerne ich bald, dass man den störrischen Viechern tunlichst ausweichen sollte … und zwar nach Möglichkeit bergseitig.


Kurz vorm Ziel nach fünf Stunden Aufstieg kommen mir noch zwei absteigende junge Deutsche entgegen … in Turnschuhen und ohne Gepäck, sprich auch ohne größere Wasservorräte. Wollen wohl mal schnell zur Oase runterlaufen und in der Dunkelheit wieder hoch. Naja, wer es mag.
Inzwischen sind die Schatten schon ganz schön lang geworden.

Ich genieße auf jeden Fall ein gutes Essen und zwei Kamillentee mit Rum gegen mein Halsweh im Pachamama und werde mir morgen den teuren Touri-Bus nach Puno leisten. Noch so ein Desaster wie bei der Herfahrt kann ich mir bei meinem engen Programm nicht leisten.
Noch zwei kleine Anmerkungen am Rande:
1. Bisher hat mich noch kein peruanisches Essen vom Hocker gerissen. Mit dem Würzen haben sie es gar nicht. Alles viel zu lasch, sehr fleischlastig und zäh, wenig Gemüse. Da gibt es noch viel Luft nach oben.
2. Am anderen Ende … dass man kein Klopapier in die Schüssel werfen soll wegen der schlechten Kanalisation, kann ich nachvollziehen. Nicht verstehen kann ich jedoch, dass man völlig ohne Bürste „arbeitet“. Ich habe so ein Utensil in ganz Peru noch nicht gesichtet.
Guten Morgen Andrea,
Danke für die lang ersehnte Fortsetzung deiner Reiseberichte .
Wenn ich das so lese wird es langsam Zeit das ich auch mal weiter weg komme wie eine Tankfüllung im Womo 😉
Viiiel Spaß noch auf Deiner Tour !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Liebe Andrea, Dein Ausflug hört sich richtig spannend an. Es fühlt sich an, als würde ich direkt neben dir herlaufen.
Jetzt musste ich doch tatsächlich Googles was gumpen baden bedeutet 🙈. Wünsche dir noch viele tolle Tage und sei vorsichtig. Drück dich, Susan
Hi Andrea. Ich bin begeistert von den tollen Bildern und wieder mal von deinem amüsanten Schreibstil. 😊
wundervoll wieder mit Dir unterwegs zu sein, ich wünsche Dir noch viel Spaß und schöne Abenteuer.