UROS: STILLES PARADIES NACH FEIERABEND

Ich bin auch nach der Nacht in Puno noch ganz schön geschafft. Fiebrig erkältet und die Nasennebenhöhlen in der eh schon dünnen Luft komplett zu. Bald hab ich meinen Medikamentenvorrat und alle Tempos schon aufgebraucht, bevor ich wirklich in der Sierra bin.

Das Frühstück auf der Dachterrasse lockt, wobei das Ambiente hoch über den Dächern von Puno mehr lockt als das Essen selbst.

Auch heute ist niemand anwesend, der Englisch spricht, aber die Mitbewohner unterstützen mich. So kann ich mein Gepäck in meinem Mini-Zimmer lassen, denn ich komme ja die übernächste Nacht wieder.

So sieht übrigens mein Hostel von außen aus  … und die meisten anderen Häuser in Puno auch. Ganz typisch sind die  abgerundenten Fenster und die bunt verglaste Dachterrasse.

Jetzt geht es erst einmal auf Entdeckungsreise durch das eher unschöne Puno am Titikaka-See auf 3822 m. Der ist übrigens 194 km lang und 65 km breit. Der südliche Teil gehört zu Bolivien. Besonders weit sehen kann man aber von Puno aus nicht.
Wie immer zieht mich der Mercado Central in seinen Bann. So leckeres Knabberzeug, da muss ich doch gleich zuschlagen und darf in Folge dann auch Diverses probieren. Zum Beispiel die Mais-Salzstangen oder die weißen Yucca-Stangen. Sieht doch alles richtig appetitlich und verlockend aus.
Auch bei einer der zahlreichen Apotheken kehre ich ein, um mich mit neuen Medikamenten zu versorgen. Die gibt es hier übrigens genau in der gewünschten Tabletten-Anzahl. Man kann 1, 3, 4 oder wieviel auch immer kaufen.  Wird einfach von der Blister-Verpackunng abgeschnitten. Eine Packung geschweige denn einen Beipackzettel gibt es dazu nicht. Die Apotheke verkauft auch die Drogerieartikel.
Am Hafen, wo die Boote zu den Schilfinseln der Uros ablegen, ist absolut nichts los. Ein paar einheimische Touristen teilen die Fähre mit mir.
Durch den breiten Schilfgürtel schippern Hasi und ich Richtung Uros. Ich bin doch überrascht, wie riesig das Areal der Uros-Inseln ist.
An einer winzigen Insel ohne Namen legen wir an. Bevor es an die kleinen Verkaufsstände geht, gibt es einen Vortrag für uns … ihr könnt es euch denken: in Spanisch. Ursprünglich waren die aus Totora-Schilf gebauten schwimmenden Inseln Zufluchtsorte vor den Colla- und Inka-Herrschern. Nahezu alles besteht hier aus Schilf: die Inseln, die Hütten, die Boote und das Kunsthandwerk. Selbst essen kann man einige Teile des Schilfrohres. Die Bevölkerung heute ist eine Mischung aus dem Volk der Uros und der Aymara. Die Kinder lernen Aymara und Spanisch.
Unser Inselchen ist aber wirklich eine Augenweide. Es gibt nämlich auch einige optisch eher unschöne, touristische Inseln hier.
Den Untergrund hatte ich mir viel schwammiger vorgestellt. Eigentlich ist der Inselnboden super stabil.
Mich lenkt die kleine quirlige Maus total ab. So ein süßer Feger, keine Minute kann sie still sitzen und strahlt übers ganze Gesicht.
Als ich ihr dieses Foto auf dem Handy zeige,  ist sie ganz aus dem Häuschen.
 
Danach werden wir für die Überfahrt mit dem Totora-Boot zur nächsten Insel sozusagen zwangsrekrutiert – zum Sonderpreis von 3 Soles. Diese Restaurant-Insel, wo man auf 100 Quadratmetern eine Stunde verbringen soll, ist das beste Beispiel für verkommenen Tourismus. Jedes Boot wird auf dem passt Quadratmetern über Lautsprecher begrüßt. Echt ätzend!
Aber ich rufe doch einfach Sara von der Uros Aruma an und werde von Mama Elsa persönlich abgeholt.
Bilder sagen mehr als tausend Worte! Ich bin völlig geplättet, in welch einem wunderbaren friedlichen Paradies ich hier gelandet bin.
  
Bis zum Abendessen ist Entspannen im Liegestuhl angesagt. Sogar zwei Insel-Katzen gibt es hier in super Totora-Tarnfarbe und den  zahmen Reiher Martin.
Das typische Essen am Titicaca-See ist die Trucha (Lachsforelle). Und bei dieser famosen Zubereitung vergisst man auch gerne, dass das Seewasser vermutlich nicht mehr das Sauberste ist. Geschmacklich und optisch ist Elsas Essen das Beste, welches ich bisher in Peru bekommen habe.
Außer mir ist nur noch eine Schweizer Familie mit 7-jährigem Sohn hier. Sie sind in Patagonien gestartet und bereits seit Februar in Südamerika unterwegs. Unglaublich, die drei und ihre Ausstattung sehen auch nach so langer Reisezeit noch aus wie aus dem Versandkatalog. Sie ist ein bisschen hyperaktiv und ständig am Reden. Das ist schon mal ein bisschen nervig in dieser Eiland-Ruhe.
Trotz Lagerfeuer-Romantik in Vollmond-Nacht zieht es mich in mein eigenes kleines Zuhause. wie lieb: für die kalte Nacht auf dem See werde ich sogar noch mit einer Wärmflasche ausgestattet.
 
Mit der Länge der Nacht komme ich dagegen einfach nicht zurecht. Um 18 Uhr ist es bereits stockdunkel und um 6 Uhr wird es erst wieder hell. 12 Stunden Dunkelheit,  mir reichen aber 6-7 Stunden Schlaf. Da bleibt noch viel Zeit zum Wachliegen. Zusammen mit den geschlossenen Nasennebenhöhlen, der dünnen Luft und den bleischweren Alpaka-Decken (insgesamt habe ich 7 Decken!!) fühle ich mich etwas erdrückt.
Über Nacht hat es ein bisschen geregnet und es war schlussendlich gar nicht so kalt. Juan und Elsa verwöhnen uns liebevoll mit einem wunderbaren Frühstück. Sogar superdünne Crepes macht sie uns, am Ende sind wir pappsatt.
Die Schweizer haben schon wieder das volle Programm gebucht: Töchterchen Sarahi Talia in den Uros-Kindergarten fahren, Fischernetze einholen, bei den Stickarbeiten der Frauen zuschauen …
Ich bin total fertig und muss mich derweil nochmal aufs Ohr legen. Noch ein bisschen die Sonne und die Ruhe genießen. Um 12 Uhr fahre ich dann mit, um die kleine Sarahi vom Uros-Kindergarten wieder abzuholen.
Noch ein gemeinsames Mittagessen und dann heißt es Abschied nehmen.
In Puno stranden wir an einem verwahrlosten Vorort-Küstenstreifen, wo Taxis auf uns warten. Eigentlich möchte ich ja um 14.30 Uhr mit einer Bus-Tour zu  dem Grabtürmen von Sillustani. Ich versuche, dies meinem Taxifahrer verständlich zu machen. Zwar gelingt mir das, aber irgendwie ist der chaotischer als ich. Die Busse starten schon um 14 Uhr an der Plaza. Das Ticket muss man aber in der Agentur kaufen. Es bleibt nur eine halbe Stunde in den vollen Straßen von Puno und zu allem Übel fehlen mir 10 Soles, um den Tour-Preis zu zahlen. Also erst Agentur, dann an der Plaza zur Bank.  Der erste ATM funtioniert nicht,  der zweite auch nicht, dann der dritte … ist doch typisch, immer wenn man es eilig hat. Die Zeit rennt dahin. Zurück zur Agentur, mit Taxi. Dort können sie dann auf den 100-Soles Schein nicht rausgeben. Es ist bereits 10 Minuten nach Abfahrtszeit. Jetzt wird es mir zu blöd. Ich verzichte dankend auf die Tour zu den Grabtürmen, auch in Anbetracht der dunklen Wolken, die am Himmel aufziehen. Witzigerweise stelle ich dann fest,  dass der Fußweg von der Agentur zu Bank und Plaza gerade mal ums Eck ist.  Also viel kürzer als meine Hin- und Herfahrerei mit dem Taxi. Ziemlich verplante Aktion.
Ich ziehe mich in mein Hostel-Kämmerchen und versuche, mich weiter auszukurieren. Morgen geht es mit dem Touri-Bus übers Altiplano nach Cusco.
Veröffentlicht in: PERU

2 Gedanken zu “UROS: STILLES PARADIES NACH FEIERABEND

  1. Reinhard schreibt:
    Avatar von Reinhard

    Tolle Reise ,tolle Erlebnisse , ich freu mich für Dich ,so weit hab ich s leider noch nie geschafft,
    ich kurf mit dem Womo „fast“ immer nur soweit rum wie eine Tankfüllung reicht 😦
    Grüßle Reinhard

  2. Werner schreibt:
    Avatar von Werner

    Liebe Andrea,
    Endlich komme ich dazu in Ruhe deine wunderbaren Reiseberichte zu lesen. Ich sitze hier an Deck mit Margit und Elfriede, schaue in den kroatischen Abend Himmel und lese deine Berichte aus Peru. Schon lustig wie wir überall in der Welt herum kommen. Danke für die tollen Storys, du hast wirklich eine super interessante Schreibe.
    Liebe Grüße und bis nächste Woche
    Werner

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