ZWISCHEN SAN PEDRO UND SACSAYHUAMÁN

Endlich könnte ich mal ausschlafen, aber durch das frühe Zubettgehen bin ich doch wieder um 6 Uhr wach. Die Youngsters rundum schlafen noch. Also starte ich noch einmal den Versuch, warm zu duschen, doch offensichtlich war ich gestern Abend zu spät und bin heute zu früh dran. Das Wasser bleibt bitterkalt. Nach dem Motto „was uns nicht umbringt, macht uns nur härter“ wasche ich sogar meine Haare, um dann mit Bedauern festzustellen, dass das Dragonfly Hostel auch keinen Fön ausleiht. Das ist nun wirklich schwach bei den niedrigen Morgen- und Abendtemperaturen „im Nabel der Welt“.

Im offenen Innenhof schmiede ich beim Crepes-Frühstück Pläne für den heutigen Tag in Cusco und packe im Geiste schon für meinen Ausflug nach Ollantaytambo am späten Nachmittag.

Es ist richtig schön, Cusco „in kleinen Häppchen“ zu genießen. Einen ersten Überblick mit Stadtrundgang konnte ich ja schon vor meinem Ausflug zu Salktantay und Macchu Picchu gewinnen. Jetzt streife ich am frühen Morgen durch unbekannte und fast leere Straßen, nur die Hunde würdigen mich hier und da eines trägen Blickes.

Mich zieht es zum Mercado San Pedro. Wie in Lima, so ist auch der Markt in Cusco in einer Halle untergebracht (auf dem Foto links).

Einmal in den Marktgassen gefangen, kann ich mich nicht mehr losreißen. So viel anderes gibt es zu sehen, zu begutachten und zu probieren. Immer wieder spektakulär, aber auch ein bisschen igitt, sind die Fleisch und Fischstände. Dass alles ohne Kühlung rumhängt, kenne ich ja von heißeren Ländern. Egal ob Fisch am Stück, filettiert oder der Kavier, Fleisch, Panzen und Hühnerfüße… man hat den Eindruck, es wird wirklich von jedem Tier alles verwendet.

Unter den gegebenen Umständen würde ich auch so sauer dreinschauen 😀

Die Garküchen in den Markthallen sind immer rege von jung und alt besucht. Hier und da habe ich mal in die Töpfe und Pfannen gespitzt oder hungrig auf die Teller geschaut. Doch das meist gräulich, wabbelige Etwas im Plastikgeschirr hat weder meine Neugierde noch meinen Appetit geweckt.

Bei dieser Auslage ist mir dann doch die Kinnlade etwas verrutscht. Hoffentlich hatte ich sowas bisher nicht auf dem Teller.

Auf jeden Fall schätze ich frische Rindermäuler nicht als souvenir-tauglich ein. Deshalb verdrücke ich mich fürs Shopping lieber wieder in die Gänge mit Getreiden, Hülsenfrüchten, Coca, Schokolade und Kaffee.

Noch einen leckeren Smoothie an einem der wie auf der Perlenkette aufgereihten Vitamin-C-Stände, dann habe ich mich satt gesehen und steuere Richtung Plaza de Armas – natürlich nicht, ohne auch hier und da an den Straßenständen einen neugierigen Blick in die Töpfe und Dosen zu werfen.

Und welch ein Glück! Ich komme zufällig durch die Straße der Stoffgeschäfte und bin geblendet von der bunten Lebensfreude, die mir da entgegen kommt. Wunderbare Stoffballen, wohin das Auge blickt, da geht mein Herz auf! Mit Armlänge und Maßband tüftele ich die ungefähren Abmessungen unseres Terrassentisches aus. Fast kann ich mich gar nicht entscheiden: soll ich den orangen oder den türkisen nehmen, aber ach, der grüne ist doch auch so hübsch … Die Chefin und ihr Sohn haben alle Geduld mit mir und schließlich verlasse ich den Laden mit zwei wunderschönen neuen Tischdecken.

Nach einem kurzen Shopping-Freude-Kaffee steuere ich den nächsten ATM an. Schließlich möchte ich heute noch meine  8-tägige Tour in den Manu Nationalpark bezahlen. Dazu ist eine etwas größere Dollar-Summe nötig. Doch ich stelle schon bald fest, dass es an den Geldautomaten nie mehr als 140 US $ pro Withdrawal gibt. Also muss ich eine andere Lösung finden.

Im Vorbeigehen kaufe ich noch schnell ein Boleto Turistico del Cusco für 130 Soles. Wie sich später herausstellt, hätte mir auch ein Partielles Ticket für 70 Soles ausgereicht, denn Sacsayhuamán bleibt – abgesehen von Machu Picchu – die einzige Inka-Anlage, die ich noch erklimme. Danach hatte ich sowohl Treppen als auch Gemäuer einfach über.

Sacsayhuamán liegt auf einem Hügel oberhalb der Stadt. Beim Aufstieg durchstreife ich wieder die touristischen Gassen von Cusco, vorbei an nervenden Massage-Damen, Touranbietern, Alpaka-Läden, Inka-Steinmauern und Souvenirshops komme ich zur Plaza San Blas und folge der Calle Tanda Pata bis zum eigentlichen Aufgang nach Sacsayhuamán über die alten Inka-Stufen.

Wieder einmal habe ich einen traumhaften Sonnentag erwischt. Die Aussicht über Cusco von hier oben ist grandios. Und auch die Festungsanlage von Sacsayhuamán bzw. das, was davon übrig geblieben ist, nachdem die Spanier drüber hergefallen sind.

Der Südandenspecht genießt auch die Aussicht!

Bisher hat niemand hat einen Plan, wie die Inka unter Befehl von Pachacútec und Túpac Yupanqui diese kolossalen Brocken vom 20 km entfernten Steinbruch hierher bringen konnten.Der größte Puzzle-Stein ist 9 x 5 x 4 m und wiegt über 200 Tonnen!

Angeblich sollen Cuscos Straßen so angelegt sein, dass man die Silhouette eines Pumas erkennt und Sacsayhuamán bildet den Kopf mit den gezackten Zähnen. Bewiesen ist das allerdings nicht, auf jeden Fall waren die drei Zickzack-Festungsmauern in Terrassenform klug angelegt, um dem Feind jegliche Deckung zu nehmen.

Die moderne Rasenmähtechnik erscheint mir hingegen ein bisschen eigenwillig.

Für große Jungs gibt es sogar eine natürliche Felsrutsche.

Dafür, dass diese gelangweilten Damen mit Fotoshooting ihr Geld verdienen, könnten sie schon ein bisschen motivierter in die Kamera schauen.

Ganz knuffig mit Kulleraugen schaut das Alpaka drein:

Apropos Alpaka… Nach einer erhabenen Brotzeit auf Sacsayhuamán mache ich mich wieder an den Abstieg durchs Treppenlabyrinth. Mein Ziel ist der Alpaka-Laden, zu dem uns Diego, der Free-Walking-Tour-Stadtführer meines ersten Cusco-Tages, hingeführt hatte. Bei der überaus geschäftstüchtigen Asunta gibt es die von den Travellern und Einheimischen flächendeckend getragenen Alpaka-Pullover mit etwas Verhandlungsgeschick für 22-25 Soles das Stück. Das sind gerade mal 6-7 €. Die Pullis sind so leicht, weich und angenehm auf der Haut, dass sie auch wunderbar im Flieger zu transportieren sind. Ich schlage gleich mal mit drei Pullis und zwei Schals zu – und werde anschließend mehr oder weniger zu diesem Faschingsauftritt gezwungen. Hellau und Alaaf!

Boah, jetzt wird es aber Zeit! Es ist schon fast 16 Uhr, in zwei Stunden wird es dunkel und ich möchte ja heute noch mit dem Collectivo nach Ollantaytambo fahren. Schnell noch zur Agentur von  Greenlands Robles und die Eckdaten für die Tour in den Amazonas-Regenwald besprechen… denke ich.

Nach einem ersten Kennenlernen mit nettem Plausch eröffnet mir Herr Robles höchstpersönlich, dass die 8-Tages-Tour an den Amazonas nicht stattfinden kann, da die Kinder der mitreisenden Familie erkrankt sind. Aber – einen Tag später am Sonntag starte eine 7-Tages-Tour, die Fahrt nach Blanquillo zu den Ara-Lehmlecken würde dann entfallen. Na, das war ja zu verschmerzen. Eigentlich gar nicht so schlecht, so hätte ich entweder einen Tag mehr in Ollantaytambo oder ich könnte noch den wunderbaren Rainbow-Mountain mitnehmen. Was das denn dann weniger koste, frage ich. Worauf Herr Robles ganz selbstgefällig antwortet, dass ich ja schon einen Sonderpreis bekommen hätte und der Preis für 7 Tage deshalb der gleiche wäre, wie für 8 Tage. Zudem bietet er mir ein Fernglas zu einem täglichen Mietpreis von horrenten 20 US $ (ja Dollar nicht Soles) an. Das wären dann alleine 140 $ zum in die Ferne schauen. Die Rainbow Mountain Tour offeriert er für 90 Soles, obwohl an den Tafeln der anderen Touranbieter nur 60 Soles steht.

Will der mich verar…. ?!? Ihr kennt mich! Nicht mit mir. Ich danke Herrn Robles freundlich für die Auskünfte, muss ja noch die Dollar besorgen für die Restzahlung. Eine Anzahlung von 290 $ hat der Schlawiner schon in der Tasche. Kaum aus der Tür raus, erspähe ich das Schild einer anderen renommierten Agentur, die in meiner engeren Auswahl war: Vilca Expediciones. Kurz entschlossen – die Zeit drängt nun wirklich – gehe ich in das Office und lasse mich beraten. Welch ein Glück!!! Sie starten mit einer 7-Tage-Tour am Sonntag, die Tour kostet 130 $ weniger, das Fernglasl nur läppische 4 $ am Tag und die Rainbow Tour 60 Soles. So eine Freude!! Ich mache die Amazonas-Tour gleich fix. Dann hetze ich wieder zurück zu Herrn Robles, mit dem habe ich jetzt ein fettes Meerschweinchen zu rupfen!!! Ich informiere Herrn Robles über die günstigen Preise der Konkurrenz, dass ich unter diesen Umständen leider kein Vertrauen mehr in sein Tourenangebot habe und deshalb die Alternativreise nicht antreten werde. Natürlich gibt es Diskussionen hin und her, er habe schon Unterkünfte gebucht und Ausgaben gehabt… blablabla. Doch ich konnte ihn schlussendlich auf meine charmant-bestimmte Art überzeugen, dass ich nunmal 8 Tage gebucht habe, er keine 8 Tage-Reise liefern kann, unser Vertrag deshalb nicht zustande kommt und er mir wohl oder übel hier und auf der Stelle die 290 $ Anzahlung zurückerstatten müsse. Das hat Herrn Robles gar nicht gefallen und er hat sich gewunden und geschunden, aber ich habe den härteren Dickschädel und die besseren Argumente (Tripadvisor 😉 und verlasse den Laden mit einer höchstpersönlich unterschriebenen Rückerstattungserklärung. Damit konnte ich am Samstag dann tatsächlich die Anzahlung im Greenland Robles Office abholen.

Das Adrenalin zischt durch meinen Körper, so aufregend hatte ich mir den Tagesausklang nicht vorgestellt. Endlich finde ich im denkmalgeschützten Cusco auch die BNP Bank, wo ich einen größeren Dollar-Betrag über die VISA-Karte abheben kann. Noch ein letztes Mal in das Office von Vilca Expediciones zum Bezahlen, dann kann ich tief durchatmen und mich freuen.

Meine immer größer werdenden Souvenir-Taschen verstaue ich im Storage Room des Hostels, dann mache ich mich endlich auf den Weg zur Station der Colectivos. In Anbetracht des abendlichen Verkehrsstaus, schleppe ich meinen Backpack zu Fuß quer durch Cusco. Übrigens würde eine Taxifahrt nach Ollantaytambo 140 Soles kosten, das Colectivo kostet mich sage und schreibe nur 10 Soles (2,50-3 €) für eine 1,5 bis 2-stündige Fahrt und ich bin mittendrin dabei!!

Veröffentlicht in: PERU

2 Gedanken zu “ZWISCHEN SAN PEDRO UND SACSAYHUAMÁN

  1. Werner schreibt:
    Avatar von Werner

    Wunderbar, dass du uns so ausgiebig und lang andauernd 🙂 an deinen Peru-Erlebnissen teilhaben lässt. Tolle Fotos wecken viele Erinnerungen. — Heiße und harte Verhandlungen mit ‚Herrn Robles‘: Ob er wohl anschließend ‚umgesattelt‘ hat auf einen leichteren Job ?! 😉

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..