Ollantaytambo … Ach, klingt der Name nicht schon wie langanhaltende Klangschalen-Musik in den Ohren und lässt die touristisch völlig überanstrengten Sinne jeden Peru-Urlaubers auf Ruhe und Erholung hoffen?!
Das Colectivo (Sammeltaxi) hat mich gestern vom umtriebigen Cusco an diesen wunderbaren Ort gebracht. Als wir nach 1,5 Stunden Fahrt ankommen, ist es schon dunkel und die engen, alten Sträßchen sind menschenleer. Gut, dass maps.me auch diesen kleinen Mini-Ort orten kann und mich ohne Umwege durch die nächtlichen Gassen zum etwas entlegeneren Hostel Mama Simona dirigiert.
Nachdem ich mich dort gemütlich eingerichtet habe, fällt mir auf, dass ich seit der Brotzeit auf Sacsayhuamán nichts mehr gegessen habe. Von den beiden Optionen: 1. die ganze Nacht wach liegen, weil der Magen knurrt oder 2. noch einmal ausrücken und ein Restaurant aufsuchen, entscheide ich mich für letztere.

Es gibt Rocoto Relleno, also gefüllte Paprika mit Käse überbacken. Sehr lecker!!! Wie man auf dem Foto sieht, sind die Kartoffeln mal wieder eher von der trockenen Sorte, die mögen die Peruaner wohl am liebsten 😛

Obwohl ich meinen Hunger gestillt und mit Mama Simona wirklich eine ganz liebevolle und gemütliche Unterkunft habe, ist mein Schlaf nicht so besonders tief und erholsam wie erhofft. Eine sehr nette Brasilianerin teilt das geräumige Zimmer und das eigene Luxus-Bad mit mir.

Schon in der Nacht habe ich mich in Ollantaytambo verliebt und deshalb entschieden, anstelle der sehr anstrengenden, tagesfüllenden Tour zum Rainbow-Mountain von Cusco aus lieber einen weiteren Tag in Ollantaytambo anzuhängen. Da war mir doch schon bei den Reisevorbereitungen so eine wunderbare Wanderung zu einem einsamen Sungate ins Auge gestochen, die man laut Reiseführer wahlweise auch auf dem Pferderücken unternehmen konnte …
Nach dem Frühstück mache ich mich also froh gelaunt auf, um dieses urige Städtchen mit seinen engen kopfsteingepflasterten Sträßchen und den Wasserkanälen zu erkunden und meine Sightseeing-Pläne in die Tat umzusetzen.





Ollantaytambo wird links und rechts eingerahmt von alten Inka-Gemäuern, Terrassen und Speicherhäusern an den Berghängen. Treppenfaul wie ich inzwischen bin, schaue ich mir die hiesige Festung aber nur aus der Ferne an, obwohl der Inka Herrscher Manco Inca hier 1537 eine Schlacht gegen die Spanier für sich entscheiden konnte.

Einen Tour-Operator für meine Sungate-Tour zu finden ist aber gar nicht so einfach. Die wenigen Lädchen, die ich finde, haben noch geschlossen. Aber ein kleines Touristenbüro im Rathaus gibt mir sehr freundlich Auskunft zu meinen Fragen. Unsere ambitionierte Englisch-Spanisch-Hand-und-Fuß-Verständigung ist sicher sehr lustig anzuschauen.



In einer der kleinen Seitengasse entdecke ich dann doch noch einen Familienbetrieb, der laut Schild Touren anbietet. Derzeit ist nur die Spanisch sprechende Ehefrau daheim. Aber irgendwie kann ich auch hier meine Wünsche ausreichend verständlich machen. Nur gut, dass ich schon bestens informiert bin und genau weiß, was ich will. So buche ich für Morgen eine eintägige Reittour zum Inti Punku. Das wäre also schon mal unter Dach und Fach und ich kann mich ins nächste Abenteuer stürzen.

Von Ollantaytambo aus möchte ich die Salzsalinen von Maras besuchen. Nicht nur weil es mit 1.50 Soles spottbillig ist, nein, auch wegen des Abenteuers suche ich die Haltestelle der Colectivos, mit denen auch die Einheimischen durch das Urubamba-Tal fahren.

Hier, direkt beim Markt, muss es sein. Im Vorbeigehen schaue ich mir die drapierten Auslagen an:

Die Minivan-Fahrer rufen schon von Weitem hörbar ihre Destinationen aus und ich werde ohne große Umschweife in das erste, schon recht volle Colectivo geschoben.
Der Fahrer weiß dank des ihm unter die Nase gehaltenen Zettels aus der Touristeninfo zwar, dass ich an der Kreuzung in Tarabamba aussteigen möchte, um von dort zu den Salineras aufzusteigen, trotzdem ist mein Blick konzentriert auf die Straße gerichtet, damit ich nur rechtzeitig das „Quiero bajar!“ rufen kann. Meinen anfänglichen Sitzplatz zwischen Gelatinas (Pudding) schlemmenden Mamas mit Kindern und Omas mit Markteinkäufen kann ich angesichts der immer wieder zusteigenden älteren Fahrgäste oder stillenden Müttern nicht lange behalten. Dafür ist die Fahrt aber sowas von spannend und kurzweilig.
Als wie dann auf ein größeres Bus-Terminal einbiegen, frage ich mit meinen rudimentären Spanisch-Kenntnissen doch mal, in welcher Stadt wir hier sind. Mist! Schon in Urubamba, also voll übers Ziel hinaus geschossen!
Der Fahrer schiebt mich kurzerhand in den nächsten Minivan zurück nach Ollantaytambo. Die Frauen und Männer an Bord haben ihren Spaß mit der umherirrenden Gringa. Aber sie geben mir zu verstehen, dass sie mir Bescheid geben, wenn ich aussteigen muss.
Im Nirgendwo hält der Van schließlich und mit mir steigen zwei Schwestern aus Venezuela mit ihrem Papa aus. Sie wollen auch zu den Salineras und nehmen sich Gott sei Dank meiner an. Kein Wegweiser weit und breit. Ohne Hilfe würde ich mich ernsthaft fragen, wo in diesem Nirvana die Touristenattraktion sein soll.

Man beachte den Elektro-Verteilerkasten:


Wir stapfen durch staubige Gässchen bis zu diesem trostlosen Ort, wo sich die Venezuelaner mit einem Chica-Bier für den Aufstieg stärken. Ich warte lieber auf meine Begleitung, denn kurz später lauern wieder einmal lautstark kläffende Hunde. Also, schnell meine multifunktionale Geheimwaffe in Form meines roten Regenschirms aus dem Rucksack.



Beim Aufstieg setze ich mich dann von meinem Trupp ab. Ich muss mein eigenes Tempo gehen, es ist brütend heiß – auch unter meinem Sonnenschirm. Und dann sehe ich sie: die Salineras von Maras. 3000 Salzpfannen ziehen sich wie ein riesiger Fleckerlteppich weit über den Berghang.


Gespeist werden die gerade mal 30 cm tiefen Salzbecken von einer einzigen salzhaltigen Quelle. Über ein verzweigtes Kanalsystem füllen sich die Becken mit dem salzhaltigen Wasser und die Sonneneinstrahlung übernimmt den Rest. Dreimal im Monat wird ein Becken neu mit Salzwasser befüllt. Überall wird fleißig gearbeitet.



… wenn nicht gerade Pause ist:


Hasi findet es auch toll hier!

Immer höher geht’s hinauf, nicht nur wegen der Aussicht, auch wegen der einzigen Toilette im Tal. Von oben lassen sich derweil die Touristen in Bussen herankarren. Zu guter Letzt balanciere ich zwischen den Salzwannen dahin. Schon sehr beeindruckend, welch wunderbare Nature-Art aus einer einzigen Quelle salzhaltigen Wassers und Menschenhand entstehen kann.





Der Rückweg gestaltet sich natürlich leicht … aber auch einsam. Oweh, welch ein Schreck! Die zwei riesigen Hunde nehmen mich ins Visier. Ohne meinen Schirm würde ich mir jetzt echt in die Hose machen. Das rote Schutzschild aufgespannt versuche ich Abstand zu gewinnen und bin heilfroh, dass die Köter keine Verstärkung von hinten bekommen. Trotzdem laufen die beiden bellend und knurrend weiter hinter mir her, bis ich mich nach einem Stein bücke. Die zwei wissen ja zum Glück nicht, wie miserabel ich im Werfen und Zielen bin! Buh, das Herz rast – ich hasse diese Situationen – auch mit Tollwut-Impfung!
Kaum stehe ich an der Straße, hält schon der nächste Minivan, der schon gut voll ist. Ich bin die einzige Touristin hier und wie würde ich mir wünschen, wirklich Spanisch sprechen zu können. Ich wüsste z.B. nur zu gern, wie die Frauen es schaffen, dass diese hohen Hüte auf ihren Köpfen bleiben. Die faltigen Gesichter der alten Frauen sind sehr beeindruckend. Alle tragen Strick-Pulli, Strick-Jacke, Rock und über allem die Kittelschürze. Echt witzig, wenn die Oma dann das Handy aus der Schürzentasche rausfischt. Das Schürzerl dient zum Transport, zum Händewischen und ggf. auch zum Schnäuzen. Die meisten Klamotten könnten eine Wäsche vertragen.
Zwei stillende Mamis sind an Bord und die Omi vor mir hat ihre piepsenden Hühner vom Markt im Karton. Herrlich! Dieses Mal habe ich zumindest einen Minivan erwischt, in dem ich aufrecht stehen kann. Es kann auch passieren, dass man die 40 Minuten Fahrzeit bis Ollantaytambo gebückt stehen muss.
Jetzt ist erst einmal Zeit für ein schattiges Plätzchen am Marktplatz von Ollanta, zum Kaffeetrinken, Leute-Schauen und zum Niederschreiben meiner Erlebnisse.





Das ist übrigens eine eigene Hunderasse: der peruanische Nackthund! Klar, dass der in den Anden einen Strickpulli braucht 😀

Da gefallen mir diese wärmenden Exemplare fast besser:

Vorbei an meiner Restaurant-Auswahl für den Abend trete ich den Rückweg zum Hostel an.

Unterwegs laden mich zwei lustige Weiber spontan zum frisch gebrauten Maisbier (Chicha) ein. Und hier kann ich dann auch endlich in Erfahrung bringen, dass die Hüte tatsächlich nur aufgesetzt sind und nicht festgesteckt. Ich durfte ihren schicken Hut mit blauer Schleife anprobieren, aber ich habe einfach einen viel zu großen Dickschädel.



Das die zwei tönernen Stiere auf dem Dach Glück und Segen bringen sollen, habe ich schon gelernt. Aber wozu werden hier in Ollantaytambo Flaschen aufgehängt und was bedeuten die Leitern…? Das kann ich leider vor Ort nicht in Erfahrung bringen.


Den Abend verbringe ich im Alpaka-Pulli im recht frischen Inkas Tower und probiere das Nationalgericht Aji de Gallina – geschnetzeltes Hühnchenfleisch in einer cremigen Soße mit Kartoffeln und Reis. Nicht schlecht, aber wie immer fehlt mir ein bisschen die Würze. Dafür ist die Chicha morada – ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk aus rotem Mais – umso besser. Immer super lecker!! Beim Versuch hier oben im Tower mit besserem Netz Bilder und Texte auf den Blog hochzuladen werden meine Nerven ganz schön strapaziert. Völlig unterkühlt gebe ich mich irgendwann geschlagen und kehre müde den Heimweg an. Morgen geht es zum Sonnentor!


