BUNTES MARKTTREIBEN IN PISAC

Früh am Morgen bin ich ausgeschlafen. Kein Wunder! Nach dem gestrigen anstrengenden Reitausflug zum Inti Punku und den zwei Cusquena Negra fiel ich schon um 19 Uhr todmüde ins Bett. Jetzt sitze ich gemütlich beim Frühstück und ratsche mit drei älteren (also so in meinem Alter ;-)) Herren aus USA.

Der eine hat tatsächlich eine orthopädische Krücke am rechten Knie, so dass der Unterschenkel abgewinkelt ist und er praktisch „auf dem Knie“ läuft. Damit ist der Held schon nach Peru eingereist und hat auch Machu Picchu damit bewältigt. Tough! Die Jungs freuen sich, weil sie durch die zeitweise Behinderung des Kumpels überall zuvorkommend behandelt werden und sich vor Platz- und Shuttle-Angeboten gar nicht retten können. Wie die meisten Amerikaner, so sind auch diese eher auf einem Peru-Speed-Trip unterwegs. Schnell mal hinjetten und in einer Woche ein paar Spots abklappern, bevor es dann wieder zu Mr. Trump heim geht. Für dessen Wahl haben sich die drei hinreichend fremdgeschämt und entschuldigt.

Gegen 8 Uhr verabschiede ich mich beladen mit meinem Backpack und steuere die Colectivos am Markt an. Dieses Mal geht es bis zur Station in Urubamba, wo ich dann in Richtung Pisac umsteigen muss. Inzwischen habe ich schon dazu gelernt und steige ganz cool auf den freien Sitz neben dem Fahrer. Ha! So macht man das! Kein Stehen, kein Gang freimachen, kein Aus- und Einsteigenlassen … Und natürlich habe ich freie Sicht bei der Fahrt durch die kleinen Ortschaften im Urubamba-Tal. Hier wird der Mais im Hof getrocknet, dort sehe ich im Haus die Meerschweinchen huschen, überall wo es Wasser gibt, wachsen die weißen Callas-Blumen. So eine edle Blume neben so einfachen Häuschen, das irritiert mich. Überall streunen Hunde aller Rassen und Größen durch die Straßen. Aber eigentlich schauen sie alle recht gesund aus.

Am Terminal Terrestre in Urubamba warte ich dann eine Weile auf den Bus nach Pisac und beobachte das morgendliche Kommen und Gehen. Marktfrauen mit ihren umgebundenen Tüchern trippeln zum Bus, Reisende verstauen ihr Sack und Pack, eine Emoliente-Verkäuferin verkauft Gesundheit in flüssiger Form und die Hungrigen essen zum Frühstück Papas à la Huancaína  (Kartoffeln mit Ei und Soße) als Take-away.

Dann rollt er ein, mein Bus nach Pisac. Dieses Mal sogar ein recht großes Modell, wobei die Installationen im Innern eher fragwürdig sind:

Leider kann ich es nicht vereiteln, dass sich ein durch und durch nach Alkohol riechender und sich auch so benehmender älterer Mann neben mir nieder lässt. Er belabert mich in Spanisch, ungeachtet dessen, dass ich die Aussprache in diesem Zustand noch weniger verstehe, als in nüchterner Form. Aber kann ich jetzt noch aufstehen? Das kommt ja auch blöd …

Also leide ich die nächsten Kilometer unter dem schlafenden Alkohol-Sack, der auch ohne Kurven immer wieder wie ein nasser ebensolcher auf mich drauf fällt. Puh, endlich steigt er aus und wie zur Wiedergutmachung setzt sich eine gepflegte verrunzelte Indio-Oma mit ihrem wunderbar duftenden Kräuter-Körbl neben mich. Ich sauge den Geruch der frischen Kräuter in mich auf und gebe ihr zu verstehen, dass ich frische Kräuter (und nach frischen Kräutern duftende Beifahrer) über alles liebe. Das freut die Oma auch. Draußen passieren wir derweil eine Hochburg der Cuyerias – Meerschweinchen gegrillt am Spieß. An den größeren Bushaltestellen schiebt sich hin und wieder ein Verkäufer durch den engen Gang und verkauft Gelatinas, Empanadas oder Helado – Hauptsache süß oder fettig muss es sein.

Nach 2,5 Stunden Fahrzeit von Ollantaytambo aus erreichen wir gegen halb elf in Pisac. Das Örtchen ist klein und überschaubar und es ist ein Leichtes den  Markt zu finden.

Pisac ist bei Reiseveranstaltern und Touristen überaus beliebt, bietet es doch neben einer archäologischen Inka-Anlage (am Berg – wo sonst!?) auch einen der größten und buntesten Märkte. Gerade am heutigen traditionellen Marktsonntag soll es hier hoch hergehen. Umso mehr verwundert und freut es mich zu sehen, dass die Touristendichte wider Erwarten sehr gering ist.

Der erste Eindruck macht eine leidenschaftliche Markt-Liebhaberin, wie ich eine bin, schon ganz kribbelig.

Ein Stand mit prachtvoll leuchtenden Naturfarben zieht mich genauso in den Bann, wie nebenan der Stand mit der peruanischen Mais-, Bohnen- und Quinoa-Saat. Ich bin ganz hin und weg und vergesse beim Einkauf vor lauter Begeisterung doch glatt zu handeln. Na, die beiden Marktweiber wird’s richtig gefreut haben.

Jetzt muss ich aber erst einmal schauen,wo ich meinen schweren und in diesem Fall lästigen Rucksack los werde. Die ersten Versuche in den Lokalen rund um den Marktplatz scheitern. Ich bin nicht der einzige Backpacker, der Obdach für sein Backpack sucht, und sammle dezente Absagen. Also muss ich wohl die Taktik ändern und kehre in einem der Restaurants ein. Vom Holzbalkon im ersten Stock habe ich trotz aufgespanntem Sonnen- und Regenschutz  über den Ständen einen wunderbaren Über-Blick auf den Markt.

Wieder einmal genieße ich das bunte Treiben, das Ratschen und Handeln, das Auswählen und Wiegen, das Kommen und Gehen … Unter mir schaue ich direkt in die Töpfe der Straßenküchen und kann mir schon mal Appetit für mein Mittagessen holen.

Die farbenfrohe, abwechslungsreiche Tracht- und Hutmode bekomme ich hier ganz nebenbei wie auf dem Laufsteg präsentiert.

So genug von oben herabgeschaut. Nun stürze ich mich ins Getümmel. Meinen Rucksack lasse ich mit der Aussicht auf einen zweiten Besuch stehen. Der Schokokuchen schaut aber auch sowas von lecker aus!

Nachdem ich auf dem bunten Einheimischen-Markt unzählige Bilder und Impressionen aufgenommen habe, schlendere ich noch kurz durch den angrenzenden Touri-Markt, der auch hier nicht anders aussieht als anderswo und wie erwartet nichts Neues zu bieten hat.

Dann läuten die Kirchenglocken und wohl weil Sonntag ist, habe ich Gelegenheit die Prozession der lokalen Kirchengemeinde um das Kreuz auf dem Vorplatz zu verfolgen.

So langsam knurrt der Magen und es wird Zeit eine der vielen Straßenküchen anzusteuern. Die Auswahl fällt leichter als das große Angebot vermuten lässt. Aus den meisten Töpfen und Tellern strecken sich mir fettige Hühnerbeine oder wabelige Fleisch-Knochen-Fetzen entgegen. Da bleibe ich doch lieber bei der kleinen vegetarischen Auswahl und entscheide mich für Rocoto Relleno, eine gefüllte Paprika.

Die Omi wischt mal kurz mit dem Tuch über Teller und Besteck, bevor sie mir auflegt und mit den Händen die Zutaten zurecht rückt. Dass sie sich mit eben diesen Händen ständig übern Mund wischt, die Finger nach dem Kosten abschleckt und mich damit gerade abkassiert hat, muss ich an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnen, oder?! Auch das Glas, welches heute vermutlich schon an unzähligen Lippen hing, wird nur kurz in Wasser geschwenkt, damit ist der peruanischen Hygiene mehr als genüge getan.
Es schmeckt trotzdem – oder gerade weil!?

Inzwischen ist es 13 Uhr und vom Balkon meines Bagage-Storage-Lokals sehe ich dunkle Regenwolken aufziehen. Die kommen mir wie gerufen, beschönigen sie doch meine Entscheidung, auf den langen und steilen Aufstieg zu den Festungsanlagen von Pisac „zu verzichten“ – wegen des Wetters natürlich, nicht wegen der Bequemlichkeit!

Das nächste Colectivo ist schnell gefüllt und so fahre ich ganz flott zum dritten Mal in Cusco ein. Das Dragon Fly Hostel hat mich wieder und zu meiner Freude habe ich auch ein angenehmeres Zimmer – dieses Mal mit Fenster und abseits der Straße!

Viel Zeit zum Entspannen bleibt allerdings nicht, denn Morgen früh geht es auf die 7-tägige Amazonas-Regenwald-Tour mit Vilca Expeditions. Da heißt es wieder gescheid und platzsparend einzupacken… und nur nichts Wichtiges vergessen. Schließlich gibt es im Urwald nichts zu kaufen und selten bzw. überhaupt keinen Strom.

Außerdem muss ich natürlich noch bei Herrn Robles meine Außenstände eintreiben. Das geht ganz zügig und unspektakulär über die Bühne. Er bezahlt zwar in Pesos statt in Dollar, aber dafür spare ich mir bis zum Ende der Reise auch die ATM-Besuche.

Pünktlich um 19 Uhr erscheine ich im Office von Vilca Expeditions zum Briefing. Zu unser aller Erstaunen und Freude besteht die Gruppe lediglich aus drei Personen: Hannah und Aaron, einem jungen Pärchen aus Denver / USA und meiner Wenigkeit. Auch unser Guide Juan-Carlos ist super sympathisch. Dann kann es ja losgehen!

Wasserdichte Shuffle-Bags für unser Hab und Gut bekommen wir bei dieser Unternehmung nicht, also stürze ich zu später und dunkler Stunde noch schnell auf einen der Touri-Märkte, um mir zusätzlich zum Tagesrucksack noch eine kleine Tasche zu besorgen. Die Omi am Stand ist schon eingenickt und fällt mir – nachdem ich sie „erwischt und aufgeweckt“ habe – herzlich lachend um den Hals. So süß!!

 

 

 

 

Veröffentlicht in: PERU

Ein Gedanke zu “BUNTES MARKTTREIBEN IN PISAC

  1. Reinhard schreibt:
    Avatar von Reinhard

    Grias Di Andrea Du Weltenbummlerin,
    wie immer ein toller Reisebericht ,als wäre man selbst dabei ,bei den tollen Farben die ich da wider seh fällt mir ein das es Zeit wäre mal wider den Pinsel zu schwingen ,hab schon 8 Monate kein Bild mehr gemalt einfach keine Zeit dafür 😦
    Viel Spaß noch auf Deiner Tour
    Grüßle Reinhard

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