Die Volunteering-Woche im Elephant Nature Park von Sangdueng Lek Chailert hatte ich vor Monaten gleich nach den Flügen gebucht. Endlich geht es los! Mein Backpack zur Abholung gepackt nehme ich gegenüber vom About a Bed Hostel noch einen Cappucchino und einen Shake zum Frühstück. Und dann steht auch schon Joe suchend vorm Hosteleingang. Durch den chaotischen Montagmorgen-Verkehr von Chiang Mai geht es kreuz und quer durch die Stadt, um weitere ENP-Volunteers einzusammeln. Gut, wenn man als Erste im Van sitzt, da lassen sich doch gleich schon Kontakte knüpfen.
Über das Projekt von Lek Chailert, Thailand’s Elefantenretterin, gibt es eine wunderbare, sehr sehenswerte Dokumentation in der WDR-Mediathek aus dem Jahr 2022 und auch sonst ist Einiges im Netz zu finden.
Nach der Registrierung und Restzahlung im ENP-Office in Chiang Mai geht es in Minibussen nach Norden. Eine Stunde später, mit einem kurzen Zwischenstop auf einem lokalen Markt, kommen wir im Elephant Nature Park im Mae Taeng-Tal an. Mir wird eines der ebenerdigen Doppelzimmer zugeteilt: einfach, zweckmäßig, aber alles da, was Frau braucht. Hier liegt schon ein fremder Rucksack, aber von der Trägerin ist weit und breit nichts zu sehen.
Also auf zum ersten Kennenlernen und Beschnuppern. Die Stimmung ist international, das Alter bunt gemischt. Unsere beiden Guides und Betreuer, Joe und Lom, sind zwei taffe, immer gut gelaunte Jungs. Hier lerne ich nun auch meine Zimmergenossin für die nächsten 7 Tage und Nächte, Simone Hauke aus Mainz, kennen. Wir verstehen uns auf Anhieb, unkompliziert, lustig, gesprächig und wir lieben’s beide bunt. Das passt wie A… auf Eimer.
28 neue Gäste sind heute angereist und 4 beginnen mit uns ihre zweite Woche. So werden wir also in zwei Gruppen à 16 Leuten eingeteilt.
Zu meiner Gruppe im ENP gehören Michael aus New York, Diane aus England, Simone aus Deutschland, Dawid aus Polen, Yaying aus Taiwan, Michael aus Deutschland, Andrew aus Dublin, James aus Texas, Sonia von den Kanaren, Mariane aus Brasilien, Martina, Mary und Maya. Bei gemeinsamen Aktionen und beim Essen dann auch Stephanie von den Philippinen bzw. Madrid (die jeden Elefanten beim Namen nennen kann), Kari aus Vancouver, Jessica aus Italien, Carol, Brenta und ihre Tochter Tara aus Seattle sowie Anita, Barada, Devansh und Devishi, eine Familie aus Indien.



Schon beim ersten Mittagessen habe ich das große Glück auf Lek Chailert zu treffen und bin ganz aus dem Häuschen, nicht ahnend, dass wir während der Woche noch öfter in den Genuss kommen, Zeit mit Lek und ihrem Mann Darrick zu verbringen. Keine Selbstverständlichkeit, wie ich finde, denn die beiden, und insbesondere Lek, sind vielbeschäftigt und weltweit unterwegs, um ihre Projekte zu promoten, Spender und Mäzene aufzutreiben oder auch um wieder einmal einen Elefanten in Not zu retten.






Denn das ist die Motivation des Projektes, Elefanten aus unsäglichem Leid in Gefangenschaft zu befreien und in Holzindustrie und Tourismusbranche ein Umdenken zu erreichen. Seit Jahrzehnten kämpft Lek mit aller Kraft und jeden Tag für ihre Vision, bietet ihren Kontrahenten und dem patriachalischen System die Stirn und trotzt allen Anfeindungen. Wenn die Covid 19-Pandemie etwas Gutes hatte, dann, dass sie Lek und ihren Unterstützern in die Hände gespielt hat. Alle im Januar 2020 traditionell geführten Elefanten-Camps mit rund 3.500 Eefanten, die mit Elefantenreiten, Baden und Füttern, Zirkusdarbietungen und Reitshows ihr Geld verdienten, hatten von heute auf morgen keine Besucher mehr. Keine Touristen – kein Geld – kein Futter für die Dickhäuter – kein Auskommen für die Mahouts. Wohingegen Lek die Pandemie zusammen mit ihren und anderen Spendenorganisationen so gut meistern konnte, dass sie zusätzlich in der Lage waren, andere Camps zu unterstützen und schlussendlich sogar, wie im Falle von Chok Chai, zu einem Richtungswechsel vom Vernügungspark für asiatische Touris zu einem Elephant Sanctuary zu bewegen.
Zu Beginn des großartigen Projektes hat Lek ausschließlich alte Elefanten aufgenommen, manche blind oder taub, andere mit schwersten Verletzungen wie offenen Füßen, Brüchen in Beinen oder Hüften durch unbehandelte Verletzungen oder Zwangsdeckung zur Zucht von Nachwuchsarbeitstieren. Inzwischen, insbesondere nach der Pandemie, adoptiert sie auch Elefantenkühe mit ihren Jungtieren, um sie vor einem leidvollen Schicksal zu bewahren oder weil sie von den Eigentümern schlichtweg nicht mehr versorgt werden.














Nach einer grundlegenden Einweisung zum Ablauf unserer Volunteering-Woche, führen uns Lom und Joe noch in der näheren Umgebung rund, zeigen uns die ersten Elefantengruppen, den kleinen Shop, das Cat Kingdom und die Hundeauffangstation. Neben Elefanten rettet der ENP nämlich auch noch Hunde, Katzen, Wasserbüffel, Pferde usw. aus miserablen Verhältnissen oder auch nach Naturkatastrophen. Gegen 16.30 Uhr treffen wir uns dann wieder auf der kleinen Aussichtsterrasse am Fluss und warten auf die Rückkehr der KhamLa-Gruppe zum Abendsnack und zu ihren Schlafhäusern.
Schon vorneweg sei gesagt, dass die Verpflegung im ENP mit einem abwechslungsreichen, veganen Buffet zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen während der ganzen Woche einfach nur exzellent ist. Zwar ist es tagsüber durch die vielen Tagesbesucher rund um das Haupthaus mit Restaurant und Café-Bar sehr busy, aber nach 16 Uhr kehrt Ruhe ein und die Anlage gehört den Übernachtungsgästen.





Der nächste Tag beginnt um 7 Uhr mit dem Frühstück, bevor um 8 Uhr unser erster Arbeitsdienst startet. Für unsere Gruppe geht es auf der Ladefläche des Lasters ins Nachbartal zu einer steil am Hang liegenden Bananenplantage. Wer hätte gedacht, dass Bananenstaudenernten so eine schweißtreibende Arbeit ist! Für das Schneiden mit der Machete braucht man Schmackes und den richtigen Dreh. Und auch für das Schleppen der überraschend schweren, wasserhaltigen Stämme zum Lastwagen ist Muskelschmalz gefragt.






Eineinhalb Stunden schuften wir unter viel Geläster und Gelächter und obwohl unsere Ernte auf der Ladefläche noch kaum Platz wegnimmt, gibt Joe das Kommando zur Abfahrt. Zurück im Camp laden wir noch gemeinsam ab und verstauen die schweren Stangen in der Großküche.
Beim Elephant Walk nach dem Mittagessen stellt uns Joe noch weitere Elefantenfamilien und ihre Mitglieder namentlich vor, was vor allem bei Stephanie von den Philippinen auf fruchtbaren Boden fällt. Verblüffend wie zielsicher sie Aussehen und Merkmale mit den richtigen Namen zusammenbringt. Mir selbst bleiben leider nur die Namen der ungestümen Youngsters, PyiMai und ChaBa, im Kopf.










Am Mittwoch steht Poop-Sammeln mit Lom auf unserem Plan. Gegen den gestrigen Job ist das ja fast Entspannung. Manche Mahouts haben ihre Packerl schon zentral gesammelt und wir müssen nur noch aufladen. In anderen Sheltern gehen wir mit Schaufeln und vereinten Kräften zu Werk. Wir haben wirklich ein super Team beisammen. Keiner ist sich für irgendeine Arbeit zu schade oder macht schlapp!




Da bleibt anschließend tatsächlich noch Zeit fürs große Cat Kingdom, das etwas weiter am Fluss entlang in mehreren Großraumgehegen unter der Leitung von Shana etwa zweitausend Katzen beherbergt.






Frisch gestärkt wartet am Nachmittag Teil 2 unseres Volunteering-Jobs auf uns: Wasserbassins reinigen. Das ist wiederum mühevoller als es klingt, denn die großen Bassins zum Trinken veralgen sehr schnell und müssen tatsächlich mit Wurzelbürste und Schrubber gewienert werden. Aber dank der elefantösen Unterstützung von PyiMai und ChaBa wird uns diese superlustige Putzaktion in ewiger Erinnerung bleiben.







Jeden Abend finde ich mich auf der Aussichtsterrasse ein um die Rückkehr der KhamLa-Familie, das Elefantenbad (das zu dieser Jahreszeit wegen des kalten Wassers meist kurz ausfällt), das Dinner und die Mahouts zu beobachten, wenn sie ihre „Schäfchen“ mit Melonen oder Bananen zu den Sheltern locken. Über Nacht ist es tatsächlich recht still im ENP, ein Zeichen, dass die Elefanten sich sicher und geborgen fühlen.





An Tag 4 unserer Volunteeringwoche fahren wir zur Unterstützung ins Nachbarcamp Chok Chai. Was es mit der Entwicklung des Camps auf sich hat, kann man super in der WDR-Doku verfolgen. Noch wird es einige Zeit dauern, bis das Camp, die Elefanten und ihre Mahouts die schlechten Zeiten sichtbar hinter sich gelassen haben. Wir sind jedenfalls schockiert über die „Elefanten-Parkgarage“, zu deren Reinigung wir hergekommen sind. Unvorstellbar, dass die armen Tiere hier früher Tag und Nacht auf dem abgeschrägten Betonboden zwischen ihrem eigenen Kot und Urin standen, ohne jeglichen Zugang zu Wasser und Futter.




Wie ausgehungert und gierig die Elefanten immer noch sind, obwohl sie schon seit einiger Zeit vom ENP mit Futter unterstützt werden und sich in dem überschaubaren Areal zumindest frei bewegen dürfen.
Der wohl härteste Job wartet nach dem Mittagessen auf uns: Preparing Elephant Beds. Was so chillig klingt bringt zumindest mich an meine Grenzen. Nur gut, dass wir ein paar junge und starke Burschen im Team haben, um den platt gelegenen Sand wieder zu einem schönen Berg aufzutürmen.


Am heutigen Abend erzählen uns Lek und Darrick einiges über die thailändische Kultur und den Umgang mit Elefanten im besondern, über ihr Projekt, ihre Arbeit, ihre Vision und wir können jedwede Frage stellen, die uns unter den Nägeln brennt. Gemeinsam schauen wir den Kinofilm „Love and Bananas“, der eine Elefantenrettung und Lek’s Überzeugung dokumentiert, dass man Tieren und Menschen nur mit Liebe und Gutem begegnen sollte.
Beim Aufklauben von Elefanten-Äpfeln sind wir ja nun schon ein eingespieltes Team. Die Arbeit ist immer saulustig und PyiMai unterhält uns mal wieder mit der ein oder anderen Sondereinlage.



PyiMai in Aktion
Spielend lernen
Nach getaner Arbeit schaue ich dieses Mal noch bei Chris in der Hundestation vorbei und gehe eine kleine Runde mit einem der gehandicapten Hund. Simone ist mit ihrem hinterpfoten-bereiften Waui schon außer Sichtweite, meiner begnügt sich mit der Kurzstrecke rund um die Auffangstation.



Anschließend dürfen wir dann mit Obst und Gemüse einen Elephant Cake kreieren. Die Profis aus dem ENP zaubern fast jeden Tag wirklich wunderbare Unikate. Unsere Erstlingswerke schauen dagegen noch etwas chaotisch aus. Aber den Elefanten ist das ja schlussendlich egal, Hauptsache es gibt Saftiges und Gesundes zum Naschen. Schließlich frisst so ein Elefant pro Tag ca. 150-175 kg und trinkt 70-150 l Wasser!















Nachdem wir ein paar Elefanten glücklich gemacht haben, besuchen wir mit Lom noch die Elefanten der KhamLa-Gruppe, die in einem Areal weiter oben am Fluß den Tag verbringen und jeden Abend durch den Fluss watend zurück in den Park kommen. Rund um die Anlage ist ein Skywalk installiert. Ist nun Geschmacksache, gewährleistet aber, dass man die Tiere gut beobachten kann und auf jeden Fall in Ruhe lässt.


Ah, wir sehen es schon von unserem Frühstücksplatz aus – der Melonen-Truck ist vorgefahren. Also, auf, auf, an die Arbeit! Eins ist gewiss: In einer Volunteering-Woche im ENP erübrigt sich jedes Fitnessstudio. Selbst mit vereinten Kräften und mit durchdachter Systematik dauert es eine Weile, bis die Fracht abgeladen ist und die Melonen kullersicher und platzsparend gestapelt sind.



Im Anschluss lädt uns Darrick noch zu einem Elephant Walk insbesonder zu den Bullen im ENP ein, die wegen der unregelmäßig auftretenden Musth, in der ein Elefantenbulle 40-60 mal mehr Testosteron produziert und völlig unberechenbar agiert, separat untergebracht sind.




Elefantöse Wellness I
Elefantöse Wellness II
Nach dem Essen sind wir eingeladen das Gruppenfoto zu schießen. Danach ist frei, so dachte ich. Zwar bin ich etwas verwundert im Cats Kingdom und bei den Hunde-Puppies niemanden von unseren Gruppen zu sehen, doch es stellte sich heraus, dass ein Großteil noch einmal mit Lek und Darrick unterwegs war … und weil VIPs mit von der Partie waren, tatsächlich mitten unter den Elefanten saßen und sensationelle Fotos machen konnten. Man kann sich vorstellen wie groß meine Enttäuschung war, dieses Sahnehäubchen verpasst zu haben.
Das hat mir dann schon ziemlich den letzten Tag und den Silvesterabend vermiest. Alle hatten leuchtende Augen, nur Simone und ich hatten die Einladung zu diesem spontanen Event nicht mitbekommen. Der Jahreswechsel verlief dann auch entsprechend ruhig, abgesehen von fünf Minuten Feuerwerk auf dem nahe gelegenen Campingplatz auf der andern Flussseite. In Thailand hat übrigens nicht 2023, sondern das Jahr des Hasen, im buddhistischen Kalender das Jahr 2566, begonnen.
Am Sonntag heißt es dann bei einem letzten ausgedehnten Elephant Walk Abschied vom ENP und den Mitstreitern nehmen. Zu guter Letzt gibt es dann noch einmal ordentlich Aufregung, werden doch fünf Volunteers positiv auf Corona getestet. Simone hat zwar ordentlich gehustet die letzte Tage, aber ihr Test ist zum Glück auch negativ, so dass unseren weiteren Abenteuern nichts im Wege steht.


Wirklich seeehr beeindruckend!
Danke, dass wir teilhaben dürfen! 🙂