Nach den zwei Trekkingtagen ist der heutige Mittwoch, 04.01.2023, mein letzter Tag in Chiang Mai. Da mir der höchste Gipfel Thailands, der 2.565 m hohe Doi Inthanon mit seiner Straßenanbindung, den angelegten königlichen Blumengärten und den mit Rolltreppen erreichbaren Tempeln touristisch zu sehr erschlossen ist, entscheide ich mich über den etwas versteckten Monk’s Trail zuerst zum Waldtempel Wat Pha Lad und anschließend weiter bergan zum Wahrzeichen Chiang Mais, dem Wat Phra That Doi Suthep (1.676 m), zu wandern.
Mit leichtem Gepäck und maps.me im Anschlag mache ich mich um halb acht auf die Socken. Von meinem Hostel aus muss ich exakt in die andere Richtung der Einfallsstraße, also ist es sinnig die Fahrbahnen und den Kanal zu überqueren. Ich umrunde die Old City und versuche auf die mehrspurige Straße zu gelangen, die in direkter Linie raus aus dem Stadtzentrum in Richtung Zoo führt, wo nach meinen Recherchen der Startpunkt des Monk’s Trails liegt. Aber wo sind die Taxis hier in Chiang Mai?! Auf den drei oder vier betriebsamen Spuren ist kein einziges unterwegs, aber da steht endlich eines am Straßenrand. Ich mache mich bei dem vor sich hin dösenden Fahrer durch die Scheibe bemerkbar, doch er gibt mir zu verstehen, dass er nicht gewillt ist, mich zu chauffieren. Wenn es in Chiang Mai keine Taxis gibt (wie ich später tatsächlich erfahre), dann muss ein Songthaew her. Energisch winke ich dem einen oder anderen roten Gefährt zu, das über die mittlere Spur stadtauswärts heizt. Dann endlich habe ich Glück und werde aufgesammelt. Kurze Verständigung mit Händen und Füßen, mit Google Maps und maps.me – wobei ich mich frage, warum die Apps, englische Beschriftung tragen, wenn man thailändische bräuchte … aber thailändische, wenn ich selbst lesen will, wo ich bin?!? – und Aushandeln des Fahrpreises, springe ich auf die Ladefläche.
Um 8.15 Uhr komme ich tatsächlich am Ende der Doi Suthep Road an und finde dort auch recht zügig den Ausgangspunkt meiner kleinen Wanderung. GPS sei Dank!! Wie oft wäre ich im Ausland aufgrund der Sprach- und Lesebarrieren wirklich „lost“ ohne die sekundengenaue Lokalisierung meinerselbst auf dem Smartphone-Display!
Der lehmige Pfad, den vor noch nicht allzu langer Zeit ausschließlich die Mönche zum Wat Pha Lad erklommen haben, ist inzwischen auf diversen Touri-Portalen als „Monk’s Trail“ beschrieben und spricht vor allem bewegungsfreudige Reisende an. Er führt in einer knappen Stunde durch mehr oder weniger lichten Wald zu der mystischen, wunderbar grün eingewachsenen Tempelanlage.





War ich beim Aufstieg zur relativ frühen Stunde noch fast allein, so wird die Mystik und Idylle des Waldtempels doch schon von den ersten Touristengruppen etwas gestört. Mir war nicht bewusst, das man (auch) diesen „Geheimtipp-Tempel“ direkt über die Straße anfahren kann und so auch völlig mühelos zu diesem Kleinod gelangt. Wer Fotos ohne rucksackbepackte, schwitzende Touristen in Trägershirts ablichten möchte, muss wie ich Geduld mitbringen oder Photoshop bemühen.







In Muse wandele ich also über die kleinen Brücken, über den Wasserfall mit einem Wahnsinnsblick auf Chiang Mai und durch die kleinen gepflasterten Wege, entdecke hier eine überwucherte Gebetshalle, dort einen verwilderten Chedi und viele kleine liebevolle Statuen, aber auch große, respekteinflößende Gestalten. Da kommt sogar ein bisschen Indiana-Jones-Feeling auf.











Nachdem ich mich von allen Seiten und Winkeln satt gesehen habe, folge ich dem Flüsschen, das hier über mehrere Stufen gen Tal fließt, weiter bergan, bewundere Blumen, Schmetterling, allerlei Krabbeltiere und verwunderliche Opferaltare …







… bis ich nach einem steilen Endspurt an einer Straßenserpentine aus dem Gebüsch krieche. Von hier sind es nur wenige Meter bis zur großen, mit Nagas geschmückten Eingangstreppe zum Wat Doi Suthep. Wie so viele Tempel, so hat auch der Doi Supthep seine eigene Legende: der Erzählung nach soll ein weißer Elefant mit einer Buddha-Reliquie im Gepäck diesen Berg zielstrebig angesteuert haben, um vor dem dort lebenden Einsiedler Wasuthep dreimal zu trompeten, niederzuknien und zu verenden.
Heutzutage ist es hier nicht mehr ganz so einsam, also reihe ich mich ein in die Schar der mit den roten Songthaew rangekarrten Gläubigen und Touristen, erklimme die Anhöhe und ergehe mich in der belebten, goldigen Anlage. Welch ein Kontrast zu dem – im Nachhinein betrachtet – doch sehr stillen Waldtempel! Das Beobachten der Menschen und Rituale ist mindestens so spannend und unterhaltsam, wie das Bestaunen der detailreich geschmückten Buddhas, Altäre, Gabentische und des großen, goldenen Chedi, um den die Buddhisten – und manch verirrter Tourist – Gebete und Fürbitten murmelnd ihre Runden ziehen.














Nach einem letzten Blick von oben auf Chiang Mai mache ich mich mit einem Gefährt aus der wartenden roten Songthaew-Schlange auf den Rückweg zum Hostel. Auf der Pritsche erfahre ich von einer weitgereisten Thai-Familie, dass es tatsächlich keine Auto-Taxis in Chiang Mai gibt und ich ab der „Haltestelle University“ dann in ein Songthaew entlang meiner Hostel-Straße springen muss.
Nach dem Duschen und Packen verbringe ich den Abend relativ unmotiviert bei einer Abschiedsrunde durch den mir immer noch fremd gebliebenen Altstadtkern Chiang Mais, wo ich (zum ersten Mal auf dieser Reise) meine Lesebrille verliere und nach einer halben Stunde Suche zum Glück wieder unter dem vorher fotografierten Blumenmotiv finde, etwas für mich Essbares auf dem Streetfood-Market vor der Haustür zu mir nehme und anstatt der erhofften Pina Colada in der gegenüberliegenden Skybar dann doch mit einem läppischen Chang Beer vorlieb nehmen muss.
Nun aber ab, ab, ins Bettchen, denn morgen geht es früh zum Busbahnhof und dann weiter mit dem Green-Bus nach Lampang. Lampang?! Ja, da ist der Hund begraben, aber …