IM NACHTZUG AB IN DEN SÜDEN

Für Sonntagabend am 15.01.2023 hatte ich mir schon lange im Voraus ein Ticket für den Nachtzug um 18.30 Uhr ab Bahnhof Hua Lamphong Bangkok nach Surat Thani weit im Süden bei 12goasia gebucht und die begehrte Fahrkarte mit Reservierung eines unteren Bettes auch schon bei meinem ersten Stopp in Bangkok im 12goasia-Office abgeholt. Für die ca. 640 km lange Strecke benötigt die Thai Railways rund 14 Stunden und das kostet – inklusive frisch bezogenem Bett – gerade mal 28 €.

Um 11 Uhr checke ich aus und weil es ein verkehrstechnisch ruhiger Sonntag ist, ich vom Rucksack-über-Treppen-Schleppen nicht gleich wieder nass geschwitzt sein möchte und es nur 120 Baht kostet, lasse ich mir von meiner Gastgeberin ein Taxi anhalten. Wer hätte gedacht, dass die Fahrt selbst am Sonntag eine halbe Stunde dauert. Mit der meist leeren MRT Blue Line ist man in wenigen Minuten am alten Bahnhof Hua Lamphong, der als „Hauptbahnhof Bangkoks“ noch im Laufe des Jahres 2023 von dem neuen Zugterminal Bang Sue Grand Station in der Nähe des Chatuchak Parks abgelöst wird.

Jetzt ist es Mittag und mein Zug geht erst um 18.30 Uhr am Abend, deshalb muss mein Backpack für eine Weile in die Gepäckaufbewahrung. Nur zur Erinnerung, ich befinde mich in der Millionen-Metropole Bangkok, am aktuellen Zentralbahnhof der Stadt und diese unverschlossene Räumlichkeit ist das offizielle Lager für Gepäckstücke wartender Reisender!

Schließfächer – Fehlanzeige, ein Abgabebeleg mit Nummer – Fehlanzeige, eine Zugangskontrolle beim Abholen und Gegenchecken – Fehlanzeige … das ist so unorganisiert und vertrauensvoll, dass es schon wieder richtig geil ist! Ich glaube nun nicht, dass sich freiwillig jemand an meinem Travel-Rucksack vergreift, da gibt es weitaus lukrativer aussehende Koffer und Taschen hier, aber trotzdem mache ich sicherheitshalber ein Foto von meinem Hab und Gut.

Mit der MRT-Metro geht’s leicht bepackt bis zur Station Silom und von dort weiter mit dem BTS-Skytrain bis zum Siam Square mit seinem riesigen, mehrgeschossigen Einkaufszentrum. Das lasse ich aber links liegen und marschiere entlang des Saen Saep Kanals zum Jim Thompson Art Center und Museum. Der Amerikaner Thompson hatte die thailändische Seiden- und Textilindustrie mit großem Erfolg revolutioniert und die Stiftung vermarktet sein Erbe ebenso gewinnbringend. Mir war das dann doch zu abgehoben und die seidigen Auslagen im Shop zu teuer, weshalb ich nur kurz – natürlich ebenfalls gegen ein entsprechendes Eintrittsgeld – die Häuser und den üppigen Garten angeschaut habe.

An der Khlongboot-Fähranlegestelle Hua Chang Bridge warte ich auf die nächste Mitfahrgelegenheit und kaufe an Bord ein Ticket bis zur vermeintlichen Endstation am Chao Praya. Doch Pustekuchen: In dieses Fettnäpfchen bin ich doch schon bei meinem Besuch des Golden Mount getappt. Die Fährfahrt endet wieder einmal vorzeitig am Bobae Market/Wat Saket und wieder stapfe ich bei brütender Hitze, beschattet von meinem allerliebsten Universal-Schirm, Richtung Khao San und Chao Praya. Dieses Mal wähle ich nicht den idyllischen Weg entlang des Khlongs, sondern die breiten Bürgersteige der großen Ratchadamnoen Klang Road, die mich direkt zur Party- und Hostelmeile Khao San führen.

Und was soll ich sagen: Die bei 90% der Thailand-Touristen so überaus beliebte Khao San Road ist, wie schon befürchtet, absolut nicht mein Ding. Eine Aneinanderreihung von Billigläden, Leuchtreklamen, Fast-Food-Ketten, Tattoo-Shops, Massagestudios, Bars und Touris, Touris, Touris. Zügig passiere ich die Läden und Klamottenauslagen Richtung Chao Praya, wo ich zum Abschied noch einmal einen Blick auf die schöne Rama VIII Brücke werfe, die auch bei Nacht einen leuchtenden Eindruck hinterlässt.

Mit der Fähre fahre ich noch einmal auf dem Chao Praya zu meinem kleinen Thai-Restaurant zum Essen, nehme Abschied von Grand Palace, Wat Pho und Wat Arun und mache mich gegen 17 Uhr auf den Rückweg zum Hua Lamphong Bahnhof.

Juchhu! Mein grünes Backpack ist noch da, ich kann es auch ganz ohne Nachweis, dass es mir gehört, mitnehmen. Mein Nachtzug Nr. 167 fährt auf Gleis 10 und ist schon angeschrieben. Endziel ist wohl Kan Tang – noch nie gehört – aber ich fahre ja nur bis Surat Thani, wo wir um 7.30 Uhr ankommen sollen.

Schmunzelnd und stirnrunzelnd zugleich sitze ich am Gleis und beobachte die Vorbereitungsarbeiten an meinem Thai Railways Zug. Was ist wohl das für ein Gerät – eventuell eine selbstgebaute Tankfüllanlage?! Seltsam und rückständig, wie so manches an den alten Zügen. Aber im gleichen Augenblick halt auch wieder schön, weil es auch einfach geht und nicht nur digital und mit High-Tech.

Dann ist Boarding und als eine der ersten im Wagen, inspiziere ich alles genau. Ja, in den oberen Stockwerken kann man schon Platzangst kriegen. Nicht nur, dass die Boxen viel schmäler und niedriger sind, sie haben auch keine Fenster, der Ventilator oder die Klimaanlage blasen einem direkt in die Box und – für mich der größte Nachteil – bereits um 19.30 Uhr bezieht der uniformierte, nicht mehr ganz so junge Schaffner die Betten. Das heißt, um diese Zeit müssen Einzelpassagiere schon in ihr oberes Stockwerk kriechen und dort die nächsten Stunden ausharren. Mein sympathisches Gegenüber, eine gutaussehende Thai-Frau, tut mir da schon ein bisschen leid. Ansonsten sind unheimlich viele Franzosen im Abteil, als Großfamilie oder als Gruppe.

Mit 20 Minuten Verspätung geht es los. Nach Fahrkarten fragt erst mal keiner – man könnte schlichtweg auch im falschen Zug sitzen. Vermutlich geht man davon aus, wenn jeder einen Platz gefunden hat, dann wird es schon ausgehen mit den Zugfahrkarten.

Nachdem mein Bettchen bezogen und meine Sitznachbarin nach oben verbannt wurde, mache ich es mir in meinem Separée richtig gemütlich. Ich habe etwas zu lesen, etwas zu knappern und eine 650 ml Flasche kaltes Chang Bier an Bord. Herz, was willst du mehr? Gut schlafen, will es noch und das tue ich tatsächlich. Trotz Rattern und Knattern schlafe ich tief und fest – bis die ersten Sonnenstrahlen über die Kokospalmen und Karstberge spitzen, die an meinem Fenster vorbeiziehen.

Als der Schaffner kurz vor Ankunft am Bahnhof von Surat Thani um 8.15 Uhr den Abfall einsammelt und die Bettkojen wieder zusammenfährt, ist er gar nicht „amused“, als der meine Chang-Flasche sieht. Es ist strikt verboten Alkohol mit in den Zug zu nehmen. Oweh, gut, dass ich letzte Nacht so ahnungslos war. Bier ist einfach ein wunderbarer Schlaftrunk!

Die Reisenden, die der Zug hier in Surat Thani ausspuckt, werden sofort umringt von „Hostessen“, die atemlos auf jeden einreden: „Where do you go?“ „Wait here!“ „Wait there!“ Wie ich dieses Chaos hasse. Welcher Minibus-Gesellschaft vertraue ich mich denn nun an um zum Khao Sok Village zu kommen? Die meisten Wartenden hier sind recht spärlich bekleidet, tragen Tattoos und zottelige Haare und wollen nach Koh Samui oder Koh Panghan. Ich muss noch eine Weile warten, bezahle 45 Baht für einen scheußlichen, kalten Kaffee, den ich mir hätte sparen können, und verfolge die hektische Orga der drei streitenden Weiber hinterm Tresen. Zumindest habe ich schon mal ein Ticket für 300 Baht in der Hand – wird schon schiefgehen.

Irgendwann werde dann auch ich in einen Van geladen und es geht einmal 100 km quer durch Thailand nach Westen zum Nationalpark Khao Sok und dem gleichnamigen Khao Sok Village.

Ich freue mich auf die Natur!!

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