Nach unserer Mittagsrast am Queen’s Pavilion betreten wir das Crater Gate Office des Queen Elizabeth National Parks, um uns Informationen und eine Trail-Karte zu holen. Zur Option steht die Fahrt über den Katwe Crater Drive im Osten oder durch die Kasenyi Plains im Westen. Da wir nun schon so viele Kraterseen genossen haben, entscheiden wir uns für die zweite Alternative und fahren über das Kasenyi Gate um 14.30 Uhr in den Nationalpark ein. Das übliche Prozedere der Registrierung und des Bezahlens der Entrance Fee für die 2 x 24 Stunden fällt hier fast schon unspektakulär aus.



Endlich wieder ein Game Drive! Im QENP soll es neben Elefanten, Giraffen und Kobs, auch Löwen und Leoparden geben. Na, super, dass ich ausgerechnet jetzt die Sichtung einer Toilettenanlage bevorzugen würde!
Über holprige Pisten schaukeln wir durch die Landschaft, bei dem Gerüttel hilft mir aber auch alle Selbstbeherrschung nichts. Ich MUSS JETZT raus: „I check the tyre, you check the lions“ , murmele ich Matthias in relativ überschaubarem Grasland zu. Zack-zack – in Anbetracht der Gefahrenlage geht das so was von zügig, dass ich kurz später wieder erleichtert das Steuer übernehmen kann. Na, hoffentlich bleibt das ein einmaliges Notprogramm!
Unsere Sichtungen in den Kasenyi Plains bleiben verglichen mit denen im Murchison Falls National Park überschaubar. Selbst die Kobs machen sich rar. Dann erspäht Matthias doch tatsächlich einen Leoparden im hohen Gras … nur der Rücken und der erhobene Schwanz schauen raus – ganz kurz, bevor er im nächsten Busch verschwindet. Wir fahren nochmal ein Stück retour, in der Hoffnung, dass er auf der anderen Seite wieder rauskommt, um eine der Antilopen ins Visier zu nehmen, können ihn aber leider nicht mehr entdecken. Aber die Elefantenherde direkt am Wegrand ist dann doch unübersehbar.
















Nach vier Stunden Safari machen wir uns auf den Weg über Katunguru und die dortige Brücke über den Kazinga-Kanal zur Engiri Lodge, wo wir gegen 19 Uhr eintrudeln. Die 2,5 km lange Zufahrt zur Lodge ab der Main Road ist gelinde gesagt eine Zumutung und wieder sinnieren wir, in welcher „Absteige“ wir wohl hier landen. Aber weit gefehlt! Am Ende der Buckelpiste steht eine hübsche, gepflegte Lodge mit Campground – und sehr wenigen Gästen. Sage und schreibe acht Angestellte empfangen uns und weisen uns ein, d.h. eigentlich weist uns das „Lehrmädchen“ ein und alle anderen schauen zu, ob sie auch alles richtig macht. Wir hören, dass wir, obwohl wir hier doch relativ weit von den Ufern des Kazinga Kanals logieren, nach Einbruch der Dämmerung immer mit animalischen Begegnungen zu rechnen hätten, weshalb der Gang zum Lodge-Haupthaus fürs Dinner oder der Weg zu den Toiletten und Waschanlagen nur mit einer Security-Eskorte erlaubt ist.


Etwas erstaunt und vielleicht auch enttäuscht ist die Crew, als wir eröffnen, dass wir heute selbst kochen. Wir müssen unbedingt endlich unsere Riesen-Avocado verarbeiten, die wir nun schon seit dem Marktbesuch in Masindi durch die Lande rütteln. Wir wählen einen Campspot direkt neben einem der unbenutzten Kabinenzelte und nahe dem Klo. Hier haben wir Wasser und Licht und da es schon dunkel ist, muss es schnell gehen. Aus der Mammut-Avocado zaubern wir eine richtig geile Guacamole – zum Reinknien!
Als alles für die Nacht hergerichtet ist, lassen wir uns von einem der Security-Burschen auf einen NILE-Absacker in die Lodge bringen. Herrlich kann man hoch oben auf der Ständerterrasse sitzen und den Abend genießen.
A bisserl verplant sind wir dann doch, denn als wir gegen 22 Uhr zur Rezeption gehen, um doch noch einen Guide für eine Sunrise-Tour zu buchen, schämen wir uns, dass wir damit so lange gewartet haben. Der Manager wollte gerade Feierabend machen, greift dann aber doch nochmal zum Hörer. Puh! Glück gehabt!
Jetzt aber schnell Zähneputzen und ab in den Schlafsack. Die jungen Nachtwächter schleichen mit ihren Laternen durch die Anlage und schon bald hören wir an den Schreien und Geräuschen rundum, dass diese Vorsichtsmaßnahme sehr wohl ihre Berechtigung hat. Wir hören Hyänen, Löwen und Elefanten und da ich vor lauter Aufregung kaum schlafen kann, höre ich auch das Hippo, dass ein paar Meter von unserem Zelt entfernt mampfend vorbeizieht.



Wir mampfen unser Frühstück noch im Dunkeln in der Engiri Lodge, bevor wir mit unserem Allrad nach Katunguru runterholpern, um Ronaldo an der dortigen Tankstelle um 6.30 Uhr aufzugabeln. Der erst 21 Jahre junge Guide ist uns auf Anhieb super sympathisch. Unsere späte Reservierung nimmt er gelassen, er freut sich über jeden Job und ist das frühe Aufstehen gewohnt. Und tatsächlich scheint im QENP am frühen Morgen mehr Action geboten zu sein, als am Nachmittag. Kaum sind wir entlang der Main Road in die Kasenyi Plains eingefahren, räkelt sich in der Morgendämmerung eine Löwin am Straßenrand – immer „umtobt“ von ihren vier quirligen Cubs, zwei kleinen und zwei älteren, die ständig hin und her fetzen, miteinander raufen und kaum eine Sekunde inne halten. Leider ist das Licht noch nicht optimal für Fotos und die Kleinen auch viel zu verspielt und quirlig.





Weiter geht es kreuz und quer. Ronaldo führt uns über Wege, die wir alleine nie fahren gefahren wären. Dann erreichen wir einen Spot, wo schon drei Jeeps in Reihe stehen. Ein Löwenpaar lungert auf und neben der Straße rum. Seine Majestät ist völlig tiefenentspannt, typisch Katze halt.










Seine Majestät bei der Katzenwäsche
Zuviel los hier – ich schleich mich
Seine Holde verzieht sich lieber ins Dickicht und irgendwann wird es auch ihm zu bunt und er trottet – völlig gelangweilt – direkt hinter unserem Toyota vorbei und folgt seiner Gefährtin in die Büsche.



Erneut durchstreifen wir vier volle Stunden die Kasenyi Plains und Ronaldo erklärt uns so vieles. Unter anderem, dass die Waterbucks gar kein so begehrtes Fressen für Löwen und andere Raubtiere sind, weil Fell und Fleisch sehr streng und unappetitlich riechen. Für uns umso appetitlicher sind die handgemachten Rolex bei unserer Teepause am Salzsee Bunyampaka.


Das war ein wunderbarer Game-Drive in bester Gesellschaft. Wir setzen Ronaldo auf der Rückfahrt wieder an der Shell ab und nutzen die Gelegenheit, um nochmal vollzutanken. Ich nehme das Klicken der Tankpistole wahr, doch der überfleißige Helfer lässt weiter laufen … und laufen, bis der Kollege ihm nebenan steckt, dass das Benzin schon unten raus kommt. Natürlich liegt das nicht daran, dass der Bursche übertankt hat, sondern daran, dass wir angeblich ein Loch im Tank haben. Zum ersten Mal breche ich in Uganda verärgert in eine Schimpftirade aus und runde den Zahlbetrag großzügig nach unten ab.
Für den Nachmittag haben wir um 14 Uhr eine Boat Cruise auf dem Kazinga Kanal gebucht, die von der Mweya Peninsula startet. Das heißt für uns, wir wechseln nun zur Ostseite des Queen Elizabeth National Parks. Nach der Einfahrt durch das Katunguru Gate geht es auf direktem Weg immer geradeaus. Wir haben nicht allzu große Erwartungen an diesen Channel Track und werden immens überrascht!









Der lustige Vogel ist übrigens ein Hamerkop. Der Hamerkop lebt monogam und baut das größte Vogelnest weltweit. Wir sehen unfassbar viele Elefantenherden, ständig kreuzen sie unsere Wege oder stehen direkt links oder rechts des Tracks im Schatten.
In der Mweya Lodge bezahlen wir unsere gebuchten Tickets und ziehen aufgrund der netten Gesellschaft kurzzeitig ein Upgrade für die kommende Nacht in Erwägung:





Wir sind die ersten an dem kleinen Mini-Pier und haben noch Zeit unsere handmade Lunchbox zu verspeisen. Dabei beobachten wir, dass die Crew – entgegen unserer Info – nun doch ein großes Doppeldecker-Boot für die Bootsfahrt vorbereitet. Wir ergattern am oberen Deck unsere Sitzplätze in erster Reihe – immer noch im Zweifel, ob die linke Seite tatsächlich, wie in den Reiseberichten beschrieben, die bessere Aussicht verspricht.
Erst schippern wir gemächlich über den Kanal zu einer Eisvogel-Kolonie auf der anderen Seite. Vögel, Vögel überall, auch in schwarz-weiß schön anzuschauen und vom Guide ornithologisch über Lautsprecher beschrieben. Allerdings bewegen wir uns derweil kaum einen Zentimeter flußauf- oder flußabwärts.





Schließlich setzt sich der Kahn schleichend in Bewegung Richtung Eduard-See. Mit verwundertem Augenrollen registrieren wir, dass wir in der ersten Stunde der zweistündigen Tour gerade mal die Entfernung eines Picknick-Ausflugs zurückgelegt haben und sind schon etwas enttäuscht von dieser so hochgelobten Kazinga Boat Cruise.
Dann endlich nimmt das Schiff richtig Fahrt auf und ein Foto-Highlight jagt das andere. Die abwechslungsreichen Ufer des Kanals bieten ihre Artenvielfalt zahlreich und in aller Pracht dar.






























Völlig geflasht sind wir von der Atmosphäre am Delta, wo der Kazinga Channel in den Lake Edward mündet. Ein Paradies wie gemalt: Hier das Fischerdorf mit den Menschen und gleich daneben die Elefanten, die hier baden, grasen und dann in Herden wieder den Berg hinaufziehen.









Geschafft von den vielen Eindrücken fahren wir nach dem Anladen am Pier auf direktem Weg zurück zu unserer Engiri Lodge. Schön, dass wir heute das Abendessen gebucht haben. So haben wir alle Zeit der Welt, um uns zu duschen, den Daheimgebliebenen zu berichten, alle Systeme aufzuladen und den morgigen Tag zu planen. Dabei laufen dann nebenbei je zwei große Bierchen durch unsere Kehlen – oh, oh, das wird die Blase nicht bis zum Morgengrauen überstehen. Wir teilen uns ein leckeres Rinder-Stew und das Erbsencurry mit Reis und Kartoffeln.
Ursprünglich wäre angedacht gewesen, am kommenden Morgen die 75 km zum Ishasha-Sektor des QENP zurückzulegen und nach der Pirsch auf die berühmten Tree Climbing Lions weiter in Richtung Süden zu fahren, um unserem nächsten Ziel, dem Bwindi Impenetrable Forest näher zu kommen. Doch es stellt sich bei der Recherche heraus, dass auch auf dieser „Durststrecke“ keine Übernachtungsmöglichkeiten gegeben sind. Wir entscheiden uns daher für einen gemütlichen Tag mit der 2-stündigen Fahrt nach Ishasha, der Löwen-Safari und anschließender Übernachtung in der dortigen Enjojo Lodge.
So verabschieden wir uns nach einer biertrunkenen, entspannten Nacht um 7 Uhr vom Kazinga-Kanal und machen uns auf die Fahrt über die Dirt Road zum Ishasha North Gate, wo wir um kurz vor 9 Uhr ankommen. Noch stehen einige der UWA-Guides am Tor, aber wir wollen erst noch frühstücken, bevor wir wieder für mehrere Stunden auf Safari sind.









Uns wird die finster dreinblickende Scholar als Guidin zugeteilt und im ersten Moment denke ich „Oha!“. Aber energisch und übers ganze Gesicht strahlend gehe ich auf sie zu, begrüße sie herzlichst mit Handschlag und stelle uns vor. Und schon ist das Eis gebrochen. Wir zwei Frauen übernehmen die Führung: Scholar als Wegweiserin und Späherin, ich als Chauffeurin. Das macht richtig Spaß! Auch Scholar ist bestens informiert und gibt gerne alles weiter, was sie über Landschaft und Tiere weiß. Sie arbeitet bereits 10 Jahre als UWA-Rangerin in Ishasha.



Zum ersten Mal sehen wir hier auch die hübsche, dunkelbraune Topi-Antilope und Scholar erzählt, dass das Topi weitgehend nicht bejagt wurde, da der Glaube vorherrsche, dass es Unglück bringe, ein Topi zu töten.








Die Landschaft ist wunderschön – viel offenes Grasland mit kleinen Bäumen und Büschen, dazwischen aber auch immer wieder die großen Akazien und die prächtigen Feigenbäume, auf denen es sich die Baumlöwen – eigentlich in der Mittagshitze – gerne gemütlich machen. Dann wieder schauen wir in die große, tieferliegende Ebene des Rift Valleys mit dem Ishasha-River, dem Grenzfluß zwischen Uganda und dem Kongo.
Wir erfahren von Scholar nun auch endlich, dass der schwarz-rote Vogel, den wir schon so oft gesehen haben, der aber so unstet ist und sich kaum fotografieren lässt, den schönen Namen Valentine Bird trägt.
Dieses besondere Exemplar eines Greifvogels wiederum hört auf den Namen Butler:




Wir fahren kreuz und quer und die Trails werden zunehmend undurchdringlicher. Nie wären wir diese Schleichwege gefahren und unser armer Toyota holt sich noch viele, viele weitere Narben. Wir werden unserem Verleiher sagen: „Die UWA-Guides waren dran schuld!“
So klappern wir einen Feigenbaum nach dem anderen ab, um die Löwen, die auf Bäume klettern, zu finden. Ohne Erfolg … aber was wir dann als „Trostpflaster“ entdecken, ist fast noch atemberaubender:










Obwohl es zuerst nach einem heißen Tag aussah, ziehen nun doch noch Wolken auf und bringen eine ganz besondere Stimmung mit sich. Nach 3,5 Stunden bringen wir Scholar zum Gate zurück und bedanken uns mit einem ordentlichen Trinkgeld für diese schöne Zeit und das besondere Erlebnis. Ehrlich gesagt, können wir uns nicht vorstellen, wie man in Ishasha selbst fündig wird, sofern die Löwen oder Leoparden nicht zufällig doch links und rechts der Main Tracks liegen. Zumal die Löwen-Population mit 15 Tieren auch recht klein ist und wie wir hörten, wandern die Tiere zeitweise auch in andere Regionen des Ishasha-Sektors ab.
Auf dem Weg zur nahen Enjojo Lodge öffnet tatsächlich der Himmel seine Pforten. So checken wir in Ruhe ein und nehmen eine Erfrischung auf der Terrasse mit Blick in die herrliche Natur. Die Lodge und die Campsite ist urig-wild und wunderbar in einem verwachsenen Wald-/Sumpfgebiet gelegen. Nachdem der Regen aufgehört hat, machen wir uns gleich auf einen Erkundungsgang und entdecken außer vielen schönen Ecken auch unzählige Vögel wie Kingfisher in allen Größen und Farben, Ibisse, die großen Turacos, aber auch Affen in der grünen Wildnis. Trotz des vielen Wassers, gibt es überraschenderweise – und Gottseidank – kaum Moskitos.








Da wir allein im Camping-Areal sind und die dafür vorgesehene Wiese nicht nur nass, sondern auch bucklig ist, bauen wir unser Zelt unter dem großzügigen, überdachten Freisitz auf. Wieder ist alles vor Ort, natürlich einfach, aber sauber in Schuss: Toiletten und Waschräume, Spülplatz, Lagerfeuer, Sitzecken … Herz, was willst du mehr? Vor lauter Vogel-Traffic kommen wir kaum zum Kochen, aber wir haben ja Licht und keine Moskitos.








WiFi gibt es in der Enjojo Lodge nur dürftig an der Rezeption, die wiederum einen kleinen Fußweg entfernt von Bar und Terrasse ist. Also bleibt es bei einem kurzen Telefonat, bevor wir auf den Absacker in die Bar wechseln und Matthias einen der Ugandan Gins kostet. Ich bleibe dem NILE treu.



Wir schlafen wie die Murmeltiere und brechen am Donnerstag, den 25.01.2024 zu unserer seeeehr langen Fahrt zum Bwindi Impenetrable National Park – dem Höhepunkt unserer Reise – auf.