GOLDENE AFFEN AM FUSS DES MOUNT SABINYO

Am Morgen unseres Abreisetages gehen wir es gemütlich an und nutzen noch einmal den Luxus unserer schönen Bleibe am Lake Mutanda: Ausgiebig heiß duschen, bevor es ins spartanische Zelt-Camp im Mgahinga National Park geht, packen und ein geiles Frühstück in der Chameleon Hill Forest Lodge genießen. Gegen 11 Uhr sind wir dann startklar und sagen Bye-Bye. Auf einfacher Piste ruckeln wir mit unserem reparierten Toyota Prado zu Tal, streifen den kleineren Lake Mulehe und passieren auf unserem Weg nach Kisoro unzählige Straßendörfer. Ach, eigentlich hatten wir das Geschaukel gar nicht so sehr vermisst. Es ist Sonntag und die staubigen Straßen sind gesäumt von schick gekleideten Menschen. Zu Hunderten machen sie sich auf den Weg zu den Gotteshäusern, eine nicht enden wollende Prozession von Frauen, Männern, Kinder, von Jungen und Alten, zu Fuß, mit dem Rad oder auf dem Boda. Im Schneckentempo fahren wir an den Menschenmengen vorbei, immer darauf bedacht, möglichst wenig Staub aufzuwirbeln.

Nach gefühlt ewigem Gegurke, in echt aber nur 1,5 Stunden Fahrzeit, erreichen wir endlich Kisoro, wo wir zuerst eine Shell anfahren. Zu unserem Überdruss wird wieder einmal ganz übereifrig unser Tank bis zum Überlaufen überfüllt, das nervt echt. Auch unser linkes Hinterrad braucht frische Luft, aber auf die angebotene Schnellreparatur eines Lochs verzichten wir dieses Mal. Die Straßen des in maps.me angezeigten lokalen Marktes von Kisoro sehen schon im Vorbeifahren wenig einladend aus, was aber auch daran liegen kann, dass viele Läden und Stände am Sonntag geschlossen sind und kein lebendiges Gewusel oder die farbenfrohen Auslagen von der Trostlosigkeit ablenken. Nein, da möchte selbst ich nicht aussteigen. An einer der Hauptverkehrsstraßen finden wir schließlich einen kleinen Supermarkt und füllen soweit möglich unsere Vorräte auf. Für Frisches empfiehlt uns der indische Chef ganz euphorisch und wärmstens Richards Fruits & Vegetables. Wir fahren ein paar ruhige Straßen weiter und haben Mühe, den Obst- und Gemüsemarkt von Richard überhaupt als solchen zu erkennen. Puh, das ist auch eine Hausnummer für sich. Vorbei an den Lebendhühnern werfen wir einen Blick über den Verkaufstresen in ein Art dunkle Garage mit Regalen an der Wand, in denen doch tatsächlich Vegetarisches ausliegt.

Karotten gibt es nicht, auch keine Avocado und keine Ananas. Wir klauben ein paar Tomaten, Paprika und Kartoffeln zusammen. Nett ist er aber schon, der Richard, und wir müssen alle drei lachen, weil das von uns so mühevoll im Norden Ugandas gelernte Wort für Dankeschön hier unten von niemandem verstanden wird. Schlussendlich sammeln wir in mehreren kleineren Gemischtwarenläden noch ein paar Zutaten für unseren Menüplan der kommenden Tage ein und verlassen Kisoro relativ schnell in Richtung Mgahinga.

Eigentlich hatten wir uns erhofft, außerhalb der Stadt einen Picknick-Spot zu finden, um unser Gemüse-Pizza-Lunchpaket aus der Chameleon Hill Forest Lodge zu essen. Aber die Straßen Richtung Süden sind noch erbärmlicher als alles, was wir bisher in Uganda „erfahren“ haben. Es geht wortwörtlich über Stock und Stein, durch Schlammpfützen und immer nah vorbei an den einfachen Behausungen und den wirklich armen Menschen.

Die 16 km von Kisoro zu unserem Ziel ziehen sich wie Gummi, bis wir endlich gegen 15 Uhr das Amajambere Iwacu Community Camp am Ntebeko Gate des Mgahinga National Parks erreichen.

Bei der Anfahrt können wir noch die Silhouetten der drei Vulkane Muhabura (4.127 m), Gahinga (3.475 m) und Sabinyo (3.669 m) erspähen, doch inzwischen sind sie in Nebel gehüllt. Trotz überraschend viel Begängnis auf dem seeeehr einfachen Campground in den Virunga-Bergen am südlichen Ende von Uganda finden wir ein Plätzchen für Auto und Zelt. Oh weh! Ein Blick in den Himmel lässt nichts Gutes erahnen. In Anbetracht der dunklen Wolken flicken wir die diversen Löcher unseres Zeltes mit Kinesio-Tape und überziehen das Ganze vorsichtshalber noch mit der Zeltplane des zweiten Zeltes, welches wir nie in Gebrauch hatten, da unsere fetten Matratzen dort gar nicht reinpassen.

Feuchtgebiete:

Kurz bevor wir mit dem Kochen starten, kommt der erste kräftige Regenschauer. Wir kauern mit allen Kochutensilien im Zelt und stellen schon nach kurzer Zeit mit Schrecken fest, dass das Regenwasser einfach durch unsere Zeltwand hindurchtropft. Schon bilden sich erste Pfützen. Das geht gar nicht!

Zum Glück können wir eine der kleinen, spartanischen Hütten mit Vordach beziehen. An Klaustrophobie sollte man nicht leiden. Der einfache Raum ist vollgestellt mit drei Doppel-Stockbetten, Licht und Luftaustausch sind minimal und eine fette Spinne lebt auch hier – vielleicht unter anderem?! Erstmals checke ich unser Notquartier auf Bettwanzen. Für die Nacht setzen wir auf das Motto: Augen zu und durch(schlafen). Immer noch besser, als kein Auge zu schließen und im Zelt davonzuschwimmen. Wir bereiten uns ein exzellentes Chilli sin carne und mit einem Nile schaut die Welt schon wieder anders aus. Auf den ungemütlichen, verräucherten Gemeinschaftsraum mit vielen nicht des Englischen mächtigen Franzosen haben wir keine Lust.

Der Regen lässt in der Nacht wieder nach und für Matthias stellt sich die Frage, ob er die 8-10 stündige Tour auf den Mt. Sabinyo wie geplant machen soll oder nicht. Ein niederländisches Paar hier auf dem Campingplatz hat die Berge seit drei Tagen noch nicht wirklich gesehen. Noch in der Dunkelheit fällt Matthias die Entscheidung, die lange Hiking Tour – bei den schlechten Wetterverhältnissen und vermutlich ohne jegliche Fernsicht – nicht zu machen, sondern sich meiner Golden Monkey Tour anzuschließen. Die Goldmeerkatzen sind endemisch und ausschließlich in den Virunga-Bergen anzutreffen. Die habituierte, also an Menschen gewohnte Gruppe im Mgahinga National Park umfasst ca. 80-100 Tiere.

Nach Registrierung, Zahlung, den üblichen Community-Tänzen und einer Einweisung am Ntebeko Gate geht es mit Guide Owen um 8.30 Uhr los. Wir umrunden in den nächsten 2-3 Stunden die Berghänge in mäßig steilem Aufstieg. Owen erzählt uns, dass die Vulkanhänge vor der Einrichtung des Nationalparks brandgerodet und von den Batwa, einem Pygmäen-Volk, landwirtschaftlich genutzt wurden. Nach der Renaturierung hat sich ein märchenhaft grüner Mischwald aus Sträuchern, Büschen und Bäumen mit Gräsern, Flechten und Moosen ausgebreitet.

Die natürliche Vegetation der Vulkane und bevorzugtes Revier von Goldmeerkatzen und Gorillas sind eigentlich die Bambuswälder weiter oben, in die die Gruppen auch schon mal entfleuchen, insbesondere wenn dort die jungen Bambustriebe sprießen. Rumdum wächst übrigens viel Hollunder, der von Mensch und Tier gleichermaßen als Heilpflanze genutzt wird. Im MNP leben auch wilde Waldelefanten, von ihnen finden wir heute keine Spuren, dafür aber die Pfotenabdrücke von Schakalen, der Golden Cat und jede Menge frische Waldbüffelfladen.

Wir sind in zwei Gruppen à 8 Personen unterwegs, zu unserer gehören das Paar aus Holland und vier Franzosen. Natürlich haben die Franzosen die Anweisungen in Englisch mal wieder nicht verstanden und stehen nun, da wir die Golden Monkeys, erreicht haben, ohne Mundmasken da. Bevor sie ganz ohne Schutz zu den Goldmeerkatzen mitgeschleppt werden, spendiere ich meine zwei Reservemasken. Nun geht es auf Fotopirsch in den mystischen Wald. Der ist zwar relativ licht, hält aber auch viel morsches Geäst und feuchten Untergrund für uns bereit. Die Golden Monkeys wandern und springen allüberall durch die Bäume und rasten nur hier und da kurz zum Futtern. Es ist so lustig ihnen dabei zuzuschauen, wenn sie auf der Suche nach Insekten geschickt die Moosdecke der Äste umklappen … Sie sind allerdings um einiges wuseliger als die Gorillas und immer in Bewegung. Meist hat man beim Schuss doch nur Schwanz und Hinterteil digital festgehalten.

Golden Monkeys auf Futtersuche

Für eine Stunde begleiten und beobachten wir die Gruppe, bevor wir uns auf den Rückweg zum Gate machen. Schon beim Aufstieg hatte ich unseren Guide Owen gefragt, ob es hier im Bergwald das Three-Horned Chameleon gäbe. Mir war klar: Wenn ich solch ein farbenfrohes Exemplar in Uganda sehen wollte, dann war das heute die letzte Gelegenheit, denn die Chameleons sind nur im Bergwald heimisch. Owen meinte, dass beim Gate öfter welche gesichtet werden. Ohne große Hoffnung und mit einem Augenzwickern erinnere ich Owen beim Abstieg an meinen Herzenswunsch. Nur wenig später sichtet unser Securityman zur Freude der ganzen Gruppe gleich drei Mini-Chamäleons im Gebüsch. Mei, sind die putzig klein. Das von mir Gesuchte ist allerdings viel größer und bunter.


Und tatsächlich, als wir am Gate ankommen, haben die Ranger ein Three-Horned Chameleon gespottet. Wir und auch die Niederländer sind total happy: So ein schöner Abschluss dieser Tour. Die Franzosen hingegen haben von unserer englischen Konversation nix verstanden und gerne lassen wir sie auch unwissend über dessen Existenz, um das Tier keiner ihrer Handyfoto-Orgien auszusetzen.


Zurück am Campground packen wir unser inzwischen getrocknetes Zelt zusammen, trinken noch etwas auf der Veranda, zahlen und fahren gegen 15 Uhr los. Durch Matthias‘ Verzicht auf die Mt. Sabinyo Besteigung haben wir zum Glück mehr Zeit und können spontan die sehr lange Strecke zum Lake Mburo National Park durch eine Nacht am Lake Bunyonyi teilen.



.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..