Gegen 10 Uhr nehmen wir Abschied vom Leopard Rest Camp beim Mburo National Park und machen uns nun endgültig auf den Rückweg nach Entebbe. Rund 245 Kilometer liegen vor uns, für die ich gerne das Steuer an Matthias übergebe. So habe ich auf dieser letzten Fahrt alle Zeit der Welt, um das Leben und geschäftige Treiben entlang der Straße noch einmal facettenreich einzufangen.














Country-Driving in Uganda
Milkman on the road
City-Driving in Uganda
Wir kommen auf der asphaltierten Straße für ugandische Verhältnisse recht zügig voran. In Europa würden wir die Strecke von 245 km vermutlich in rund drei Stunden rocken, GoogleMaps veranschlagt in Uganda eine Fahrzeit von ca. 4,5 Stunden, aber Insider wissen, dass eher mit 6 Stunden zu rechnen ist. Gegen 13.30 Uhr erreichen wir den Equator Point. Klar, dass wir uns diesen Touristen-Fotospot nicht entgehen lassen. Und weil wir schon mal so günstig parken, stärken wir uns vor der Weiterfahrt in einem der Restaurants mit einer leckeren Pizza.


Und weiter geht die Fahrt. Dass wir zurück am Victoriasee sind, verraten uns spätestens die vielen Fischverkäufer links und rechts der Straße, die ihren Victoriabarsch feilbieten. Mangels sonstiger Kühlung wird der Fang bei Einheimischen einfach vor den Kühler oder ans Heck gehängt. Na, Mahlzeit!









In den Randgebieten von Entebbe angekommen, halten wir Ausschau nach unserem Abzweig zur Autofähre. Diese spart – wie man hört – nämlich jede Menge Kilometer und Zeit. Wir haben nicht so wirklich einen Plan, wann die Fähre fährt und wie das Procedere ist – aber einen konkreten Plan haben die Fährbetreiber wohl auch nicht. Nach der Anfahrt über eine Lehmstraße stehen wir mit unserem Toyota Allrad gar nicht mal schlecht an Position 12 der Autoschlange für die nächste Fährabfahrt in gut einer Stunde um 18 Uhr. Interessiert beobachten wir das Gewirr rundum, das Kommen und Gehen von Menschen, die wendigen Boda-Bodas, Kinder, die uns foppen, Motorräder mit gackernder und grunzender Lebendladung …

Irgendwann kommt ein junger Mann daher und signalisiert uns, dass wir runter in das kleine Office müssen, um uns für die kostenlose Überfahrt registrieren zu lassen. Matthias macht sich auf den Weg, trägt uns in die Liste ein und erhält einen roten Strich auf die Hand. Allerdings muss ich mich doch auch noch persönlich am Schalter vorstellen, weshalb ich mich ebenso in das Gewimmel begebe. Mangels sonstiger Touristen erkennt mich der Journalenschreiber auf Anhieb und auch ich werde rot markiert.
Alles wunderbar. Inzwischen ist die Fähre auch von gegenüber angekommen und spuckt Personen, Fahrzeuge und Ladung aus. Dann taucht nach fast einer Stunde plötzlich eine Tussi an unserem Autofenster auf und meint, wir kämen nicht mehr auf die Fähre. Der Platz würde nur bis zwei Autos vor uns ausreichen. Wir sind völlig entsetzt! Wenn wir uns jetzt auf den wahnsinnigen Umweg über Kampala Stadt nach Entebbe machen, kommen wir irgendwann in tiefster Dunkelheit an. Das darf doch nicht wahr sein! Unsere entgeisterten Blicke bewegen die Dame zum vermeintlichen Nachdenken, ja, es könnte vielleicht dann doch noch eine Möglichkeit geben, dass sie einen Platz für uns sichert, wenn … Ja, klar, wenn wir zahlen! 50.000 UGX verlangt die scheinheilige Mitarbeiterin – unter der Hand versteht sich. Wir lehnen ab und entscheiden uns, es darauf ankommen zu lassen. Nun ist es eh schon egal, ob wir noch eine halbe Stunde länger hier ausharren.
Hinter uns steht ja noch eine riesig lange Schlange weiterer Autos und Kleinlaster, die alle auch auf die letzte Fähre hoffen. Wie man hört, stellen manche auch nur ihr Auto ab, um am nächsten Tag gleich auf die erste Fähre nach Entebbe zu kommen. Dass er nur vorne am Pier parkt behauptet im Übrigen auch der Fahrer des Autos vor uns. Aber Pustekuchen … er fährt später ganz unverhohlen auf die Fähre auf. Vielleicht spart man sich so den Sondertarif.
Nach einiger Zeit nähert sich unsere Freundin erneut unserem Fenster. Für 30.000 UGX könnte sie uns auf die Fähre bringen. Das sind umgerechnet etwa 7,50 €, verglichen mit europäischen Verkehrsmitteltarifen also praktisch geschenkt. Wir willigen missmutig ein unter der Maßgabe, dass sie das Geld erst auf der Fähre erhält.
Endlich geht die Beladung los und die Autokarawane setzt sich langsam in Bewegung. Da schießt doch tatsächlich ein affig-arroganter Touristen-Jeep-Fahrer rechts an uns vorbei und drängelt sich zwei Autos weiter vorne wieder in die Schlange. Ich koche vor Wut! Wenn wir wegen dem jetzt keinen Platz kriegen, dann platzt mir aber die Hutschnur. Die Fähre füllt sich zusehends und unsere Hoffnung mitgenommen zu werden, schwindet dahin. So, jetzt sind nur noch die zwei Meter vor der Laderampe frei, aber das soll anscheinend ausreichend. Wirklich als Letzter fährt Matthias unseren Wagen auf die Fähre auf, den Hintern noch auf der Hubrampe. Gang rein, Handbremse rein und ganz viel beten, dass unser Toyota nicht bei der Überfahrt über Bord geht.
Ich muss aus „Sicherheitsgründen“ vorm Auffahren aussteigen und zu Fuß auf die Fähre. Da habe ich doch gleich die Gelegenheit genutzt, dem arroganten Drängler im Vorbeigehen mal ordentlich meine Meinung zu geigen. Hab mich danach schon viel besser gefühlt. Unsere kleine korrupte Erpresserin hat natürlich ihr Geld eingefordert und Matthias hat sie noch ein bisschen nervös gemacht, weil er ihr das Geld nicht heimlich, sondern vor den Kollegen zustecken wollte. Die Fähre ist auf jeden Fall rammelvoll mit Menschen, Autos, Lastern, Motorrädern, einer Sau auf dem Sozius und einer Henne auf der Mopedlenker.
Der Schnösel im roten Shirt mit dem fetten Schlitten ist übrigens der Drängler und der Silbrige schräg dahinter, derjenige, der angeblich „nur am Pier parken wollte“:



Auch das Fährpier auf der gegenüberliegenden Seite ist nicht weniger spannend. Durch enge, belebte Gassen bewegen wir uns im Schritttempo raus aus dem Chaos und sind dankbar, als wir die breiten Teerstraßen von Entebbe Stadt und bei Einbruch der Dunkelheit auch unser Precious Guest House erreichen. Wir werden freundlichst empfangen, man kennt uns ja. Jetzt schnell unter die Dusche und ab zum Rolex Guy.



An weiteren Abenteuern und neuen Experimenten haben wir keinen Bedarf mehr, weshalb wir uns dann auch gegen ein organisiertes Shoe Bill Tracking am nächsten Morgen entscheiden und den letzten Tag in Entebbe noch entspannt genießen wollen. Spätestens als ab Mitternacht ein gewaltiges Unwetter mit Blitz und Donner über uns hereinbricht, wissen wir, dass wir uns richtig entschieden haben.
So lassen wir uns um 8 Uhr wieder ein klasse Frühstück schmecken, räumen unseren treuen Weggefährten aus, putzen Schuhe und schreiben die Mängelliste für Joseph von 4×4 Uganda.
Danach machen wir noch einen Erkundungsrundgang durch die Stadt, eigentlich mit der Intention, Souvenirs wie Kaffee, Honig, Flechtwerk oder Stoffe für daheim zu erstehen. Doch leider überwiegen auf dem Kunsthandwerkermarkt die importierten Klamotten oder billiger Schnickschnack. Im Carrefour schließt sich der Kreis wieder und wir erinnern uns, wie wir vor drei Wochen unerfahren und aufgeregt hier unseren ersten Proviant eingekauft haben.
Auch der Rundgang zum See vorbei an der Freedom Bar erweist sich nicht als Must-see für Touristen. Alles wirkt etwas heruntergekommen und schmuddelig. Da trinken wir unseren Kaffee und Smoothie doch lieber „zuhause“ im Precious Guest House, bevor wir zum Abschluss noch dem Entebbe Zoo einen Besuch abstatten und dort noch die Tiere unter die Lupe nehmen, die wir auf der Safari verpasst haben.









Die Autorückgabe um 17 Uhr ist dann in zwei Minuten erledigt. Nein, kontrollieren müsse er nichts. Wir übergeben nur Schlüssel und Auto und schon ist er wieder weg. Dabei hatten wir uns schon solche Sorgen wegen der vielen neuen Kratzer gemacht. Gefahren sind wir in drei Wochen übrigens ca. 2.200 km.
Die „Henkersmahlzeit“ nehmen wir im Precious Guesthouse ein, top, unser Geldumtausch geht passgenau auf. Dann noch packen und um 22 Uhr ins Bett, denn unser Shuttle zum Airport erwartet uns am Samstag, den 03.02.2024 bereits um 2 Uhr in der Nacht.
Kurz vorm Eindösen stellt Matthias fest, dass unser Weiterflug Kairo-München – laut einer öminösen Mail aus dem Kampala Office von Egypt Air – nicht mit der gebuchten Maschine am Samstag stattfindet, sondern einfach mal so ohne jegliche Vorwarnung um 24 Stunden auf den Sonntag verschoben wurde. Wie bitte? Das ist ein Fehler, ein Fake, nix Offizielles von Egypt Air. Ich schaue nochmal in die App – und tatsächlich, auch da steht nicht mehr Samstag sondern Sonntag als Weiterreisetag!! Wir reden uns ein, dass wir das sicher gleich morgen beim Check-in klären können.
Doch der Tag startet chaotisch: das Gepäck wird akribisch mit Spürhunden gecheckt, bei mir ein Feuerzeug gefunden, außerdem ist meine Rolltasche zu schwer. Verwunderlich, wo wir doch 2 kg Müsli und 1 kg Reis inzwischen verspeist haben. Zu allem Übel habe ich das kleine Zahlenschloss verstellt und wir müssen unsere eigene Tasche „aufbrechen“, um den Inhalt zu verteilen.
Bezüglich unserer unerwünschten Flugumbuchung können die Damen und Herren in Entebbe nichts ausrichten. Wir sollen uns in Kairo an den Service der Egypt Air wenden. Na super! Wir haben eh kaum Zeit für den Transit. So rasen wir nach der verspäteten Landung in Kairo in einem Affenzahn durch den Airport, um doch noch zum Abflugsgate unseres regulär gebuchten Fluges nach MUC zu kommen. Durch alle Kontrollen kommen wir durch, obwohl unser Ticket ja erst für Sonntag gilt. Matthias spurtet voran, derweil mein Puls auf 180 ist und ich nah am Herzinfarkt strumpfsockert durch die Gänge hetze. Nein, so hatte ich mir das Ende unserer wunderbaren drei Urlaubswochen nicht vorgestellt.
Als ich während des Boardings auf dem letzten Loch pfeifend am Gate eintreffe, gibt mir Matthias schon zu verstehen, dass der arrogante Typ am Schalter ihn gerade abserviert hat. Wir hätten Sonntag gebucht und würden Sonntag fliegen. Er habe keinen Platz, keine Veranlassung und damit Ende des Gesprächs.
Die Diskussionen und Aufregungen im Transitbereich des Kairoer Flughafens mit den durch die Bank unfreundlichen, herablassenden, absolut nicht lösungsorientierten Mitarbeiter*innen des Airports und der Egypt Air möchte ich hier nicht wiedergeben. Wir haben zusammen mit einem weiteren Geschädigten knapp zwei Stunden hart und mit viel Geduld gekämpft, bis wir endlich ein Sondervisum und einen Hotelvoucher in der Hand halten. Der Shuttlebus zum Novotel soll alle 10 Minuten, nein, alle halbe Stunde, einmal die Stunde oder doch nur nach Bedarf fahren … Wir warten 1,5 weitere Stunden in sengender Hitze vor dem Flughafengebäude.



Aber zumindest kann sich das riesige Buffet, welches wir dreimal zu Genüge nutzen können, sehen lassen. Neben dem Essen bleibt gerade noch Zeit für einen touristischen Spurt durch Kairo und einen Schnelldurchlauf bei den Pyramiden von Gizeh.
Auch das ein Schauspiel sondergleichen – und welch ein Unterschied zu den herzlichen, ehrlichen Menschen in Uganda!! Der Fahrer kostet uns 100 $, der Eintritt zu den Pyramiden 40 $, die Pferde-Rikscha – die wegen der Kürze der Zeit bis zur Schliessung um 16 Uhr unbedingt genommen werden muss – soll noch einmal 50 $ kosten. Wie ich diese Mentalität hasse!
Rambo wartet derweil geduldig auf den Abschluss unserer Verhandlungen:


Schlussendlich einigen wir uns auf 30 $ für die Rikscha. Mit einem Affenzahn peitscht unser Sulky-Fahrer Pferd Rambo den Hügel hinauf – im Pulk mit gefühlt weiteren 50 Karren. Diese drei Shots wurden im Sekundenabstand geschossen (siehe Sphinx im Hintergrund) – derweil passieren uns sage und schreibe drei verschiedene Pferdekarren!!



Dazwischen Kamele und Autos, Fotosession hier, Fotosession da und unbedingt einmal Pyramide anfassen 🤦♀️😂






Rambo denkt sich seinen Teil in Anbetracht all der „Mätzchen“:


Nach diesem Sightseeing-Akkord wird unser Fahrer langsamer, er lebe ja eigentlich nur vom Trinkgeld und rechne auch nochmal mit 20 Peanuts aus unserer Portokasse. Unser Argument, dass wir eigentlich gar nicht hier sein wollten und kein Bargeld für den Lay-over ziehen werden, hört er nicht gerne. Schließlich gäbe es ja an jeder Ecke einen ATM, an dem er mit der Kutsche vorfahren könne.




Nachdem wir diese Drängeleien überstanden haben, geht es mit unserer Limousine weiter in ein Parfum-„Museum“. Dort komplimentiert uns die Chefin gleich eigenhändig nach draußen, weil wir kein Geld und keine Kaufabsichten haben. Nächster Stopp dann das Papyrus-„Museum“, dem einzigen Laden mit dem „echten Papyrus“, alle anderen seien Fake. Natürlich auch hier enttäuschte Gesichter, weil wir kein Geld da lassen wollen, obwohl doch die Regierung just vor zwei Tagen eine 50%ige Preisreduzierung freigegeben hat, um den Tourismus wieder anzukurbeln 😅 Im Ägyptischen Baumwoll-„Museum“ wollen wir gar nicht erst anhalten, aber ja ein Halt beim größten und ältesten Markt, dem Kahlili-Bazar, würde uns noch interessieren. Gesagt, getan, unser Fahrer parkt und verweist uns an einen Souvenirladen mit dem Namen „Kahlili-Bazar“. Okay, jetzt reicht es dann mit der Kaffeefahrt 😂😂😂
Matthias hat sich schlussendlich gefreut, mal die Pyramiden gesehen zu haben. Ich bin nur noch genervt und freue mich, das Land der Pharaonen am Sonntag endlich Richtung Heimat verlassen zu können.
Ein unerwartet abenteuerlicher Abschluss unserer erwartet abenteuerlichen Reise nach Uganda!
THE END