ANGKOR WAT SATT

Der Tag fängt erst mal ganz lustig an. Den Sonnenaufgang hatte ich ja schon aus dem Programm gestrichen. Wollte nochmal einen entspannten Tag in den ruhigeren Tempeln verbringen und meine Touristenstudien fortsetzen.

Schon beim Herradeln hatte ich ständig das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Nach 30 Minuten am Seiteneingang eintreffend, fällt mir ein, was… ich hab nur noch einen Dollar im Geldbeutel! Natürlich gibt es auf dem archäologischen Gelände keine ATMs. Die nette Kontrolleurin bietet mir an, dass mich der offizielle Wachposten in Uniform mit dem Moped wieder zurück in die Stadt fährt. Vorher noch schnell mein 3-Tagesticket abstempeln… Verzweifelt fragt mich die Kontrolleurin nach der fehlenden rechten Ecke, die ich – zum Glück erst kurz vorher – beim Herausnehmen aus dem Bauchgurt abgerissen hatten. Nach dem Tempelmarathon mit ständiger Ticketkontrolle ist die Karte halt etwas ramponiert. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Nur blöd, dass auf der Rückseite die Monatstage von 1-31 stehen und just der 1. nun fehlt. Verrückt, oder? Auf der Suche nach dem fehlenden Schnippsel werden wir fündig. Allerdings muss das geklebt werden, sonst kann der Tag nicht gelocht werden. Hat alles seine Ordnung.

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Also dann mit Moped zurück in die Stadt. Der erste ATM spielt verrückt… lässt mich zweimal alles bestätigen, spuckt aber keine Banknoten aus. Ich hoffe inständig, dass mein VISA-Konto nicht trotzdem mit 2 x 125 $ belastet wird. Auf zum nächsten ATM. Der gibt mir Geld, kann aber gerade nicht so viel rausrücken. Dann stehe ich mit einem großen 50 $ Schein da und kann meinen Fahrer immer noch nicht bezahlen. Weiter geht’s zum Haupteingang, um mit Tesa mein Ticket ganz korrekt zu reparieren. Ich werde es heute hüten, wie meinen Augapfel. Dort bekomme ich auch den Dollarschein in kleineren Noten.

Boah, den angedachten Elefantenritt kann ich mir jetzt abschminken. Aber wenn ich die hereinströmenden Menschenmassen sehe, denke ich mir „gut is“.

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Zwischen Blech- und Fleischlawinen fahre ich so dahin. Plötzlich ein Schlag und das Radeln tut sich um ein Vielfaches schwerer. Mist! Ich hab einen Platten!! Jetzt erst mal eine Stelle suchen, die ich am Telefon treffsicher beschreiben könnte, selbst wenn das Gegenüber nur mäßig der englischen Sprache mächtig wäre. Man rechnet ja mit allem, selbst in der Tour Agency haben sie gestern nur unter Zuhilfenahme von Mimik, Handzeichen und internen Übersetzern entziffern können, was ich wünsche.

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Freudig zücke ich die Visitenkarte, welche mir die Dame im Leihbüro für Notfälle ausgehändigt hat. Vier Nummern stehen zur Disposotion, doch wie rufe ich jetzt ohne kambodschanische SIM-Karte und ohne Internet an? Wer weiß, wie viele Millionen mich ein Anruf aus dem deutschen Netz kostet. WiFi gibt es auf dem archäologischen Gelände so wenig wie Geldautomaten – logisch. Also spreche ich mal einen der vielen hier die Zeit totschlagenden Chauffeure an. Schon der erste bemüht sich, ich spreche auch mit einer Dame, aber dann bricht die Verbindung ab. Hatte sie nun verstanden, was mein Problem ist? Der junge Mann verabschiedet sich freundlich und ich warte erst mal, ob etwas passiert. Bin ja sowas von entspannt hier. Warten und die Zeit vertrödeln gehört zu den Hauptbeschäftigungen der Locals. Ich passe mich voll an.

Nachdem sich nichts tut, bitte ich noch einmal jemanden um Hilfe. Und siehe da, ich kann mich beim Call-Center mit Englisch verständlich machen. Zur besseren Ortung meines Standplatzes gebe ich mich als Frau mit Rad und rotem Schirm zu erkennen.

Alles bestens, das Tuk-Tuk naht knapp 25 Minuten später mit meinem Fahrradersatz. Nun kann es weiter gehen…

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Erneuter Tempelmarathon, es fasziniert, wie unterschiedlich die Plätze zu verschiedenen Tageszeiten wirken. Licht- und Schattenspiele sind famos.

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Ich habe alle Zeit der Welt. Besonders freue ich mich, als mich mein grinsender Tuk-Tuk-Fahrer vom ersten Tag antippt. Er ist einfach so herzig! Leider habe ich ihn nicht um ein Foto gebeten. Dafür habe ich heute zum ersten Mal in den vier Wochen meiner Reise als Fotomodell gepost – natürlich nur, um die Größenverhältnisse zu symbolisieren. 😉

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Der letzte Tempel meiner Reihe liegt auf einem kleinen Berg mit Aussicht auf Angkor Wat. Mein Timing ist perfekt, die Besuchermassen halten sich noch in Grenzen. Nachdem ich im Schweiße meines Angesichts den Aufstieg geschafft habe, sagt mir der Bubi bei der Kontrolle doch tatsächlich, ich sei nicht passend angezogen! Und das nach drei Tagen Angkor Wat und ungezählten Tempeln. Schlussendlich komme ich doch rauf, aber ein vielleicht attraktiver Sonnenuntergang in ca. 1-2 Stunden inmitten von insbesondere asiatischen Besuchermassen ist nicht das, was ich mir zum Ausklang meines Urlaubs vorstelle. Und so spektakulär ist die Aussicht jetzt auch nicht. Also, nichts wie weg hier. 

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Auf dem Rückweg hab ich mir dann noch einen hiesigen Imbissmarkt angeschaut, an dem ich schon dreimal vorbei gefahren bin. Aber ehrlich gesagt, macht mich von der landesüblichen Hausmannskost so gar nichts an. Sieht alles aus, wie schon einmal gegessen, grau in grau, ohne jegliche frische Farbe. In Kambodscha isst das Auge wohl nicht mit?! Einzig ein paar ansprechende süße Leckereien habe ich noch aufgetan: Reisbällchen gefüllt mit Palmzuckersirup, frittierte Banane, Kokospudding und süße Reishappen (ohne Handyfoto). Oder wie wäre es mit knuspriger Vogelspinne oder Schlange am Spieß?

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Übrigens tragen die Frauen hier häufig eine wohl traditionelle Begleitung, die zu 100% einem europäischen Schlaf-Pyjama gleich sieht.

Ich liebe auch diese Straßenkioske überall, einschließlich Tankstation:

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Und die mobilen Straßenhändler mit ihren sehr einfallsreich zusammengeschraubten Rad- oder Moped-Kiosken. Die Angebotspalette ist mannigfaltig: Steckerl-Huhn oder Steckerl-Fisch vom Grill, Ausgezogene oder sonstiges Fettgebackenes (wenn man nur wüsste, was drin ist), Eis, Obst und Säfte, Suppenküche, sticky rice im Bambusrohr… Lebensmitteltechnisch nicht ganz einwandfrei scheint mir hingegen in dieser Hitze der ungekühlte Transport von frischen Muscheln und ausgebrüteten Eiern.

In Siem Reap lasse ich es mir dann neu-kambodschanisch-kulininarisch noch einmal richtig gutgehen. Das Lokal ist phantastisch, wie auch das Khmer-Tisch-BBQ. Der Umgebungslärm und die Beschallung von allen Seiten in der Pub-Street erinnert mich allerdings schwer an die Wiesn oder die Reeperbahn.

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Morgen geht’s Richtung Heimat. Und eines weiß ich sicher, Kambodscha wird mich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wiedersehen, Luang Prabang, mein Verona Asiens, aber hoffentlich noch einmal.

 

 

 

4 Gedanken zu “ANGKOR WAT SATT

  1. Lea schreibt:
    Avatar von Lea

    Hallo Andrea,

    wünsche dir eine gute Heimreise!
    Die Zeit verging wieder viel zu schnell, meinst du nicht auch? Oder freust du dich schon wieder auf den europäischen Alltag?
    Komm gesund nach Hause. =)

    • andreaauftour schreibt:
      Avatar von andreaauftour

      Ach ja, so im Nachhinein betrachtet, vergingen die 4 Wochen wirklich im Fluge. Aber gerade rotzt wieder einer neben mir rum. Dann sehne ich mich schon nach etwas Kultiviertheit 😉 Und mein Reisebudget ist auch schon überschritten.

  2. Werner K schreibt:
    Avatar von Werner K

    Hallo Andrea,
    es freut mich, dass dir deine Reise so prima gelungen ist und dass du so viele einmalige Eindrücke sammeln (und sogar dokumentieren) konntest. Wunderbar und eine besondere Ehre für uns ist, dass du uns „arbeitende Bevölkerung“ so zeitnah an deinen Erlebnissen teilnehmen lässt. (Leider hab ich es nicht immer sofort geschafft, mit deinen Werken lesend Schritt zu halten.)
    Komme gut und gesund heim!
    Liebe Grüße
    Werner.

    „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“
    (Johann Wolfgang von Goethe)

  3. Jacqueline schreibt:
    Avatar von Jacqueline

    Ich fand Deinen Abenteuerurlaub super spannend – Komm gut heim, aber ich glaube Du bist schon gut angekommen hier zum kalten Winterende :-). Ich freue mich schon sehr auf Deine persönlichen Berichte.
    Liebe Grüße Jacqueline

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