FETTE 6 WOCHEN IN KOLUMBIEN

Endlich ist mein grünes Backpack wieder prall gefüllt. Etwas über 17 kg bringt es am Airport auf die Waage. Und auch Hasi ist schon gespannt auf unsere 6-wöchige Reise in den Norden von Südamerika. Am Freitag, den 24.01.2020, abends kurz vor 21 Uhr besteigen wir den Avianca-Flieger. Mit ihm geht es non-stop in 12 Stunden direkt von München nach Bogotá. Ach, was freue ich mich auf ein schönes Bierchen zum Bordessen, um danach selig ein paar Nacht- und Flugstunden zu verschlafen.

Der Fenstersitzplatz in der A321 ist dafür perfekt: kein Hintermann, der bei jedem Klogang an der Rückenlehne zerrt, und auch der leere Mittelplatz erfüllt seinen Zweck, indem er die männliche Quatschtüte auf dem Gangplatz auf Abstand hält. Doch bei diesen Annehmlichkeiten bleibt es dann aber auch. Avianca hat KEINE EINZIGE Dose Bier an Bord, mit der ich das Naja-Bordessen „obi schwappen“ könnte!!

Nach kurzem Frust vertreibe ich mir die Zeit mit Filmgucken (Bohemian Rhapsody – endlich!), Dösen und auch ein bisschen Schlafen bis zum Sonnenaufgang ca. 45 Min. vor der Landung am recht unspektakulären El Dorado International Airport Bogotá.

Alles überschaubar hier und bevor mein Anschlussflieger nach Cartagena abhebt, reicht gerade die Zeit für eine Morgenwäsche mit Zähneputzen und fürs erste Pesos-Abheben am Bankautomat, wobei ich auch gleich mit Überraschung feststelle, dass der ATM pro Abbuchung nur 300.000 Pesos ausspuckt. Klingt erst mal viel und ich habe auch einige Scheine jeder Couleur und diverser Epochen auf der Hand. Aber 300.000 Pesos haben leider nur einen Wert von etwa 70 €.

Die Zeit vergeht wie im Flug, bevor ich den ebensolchen an die Atlantikküste antrete. Während ich es mir im nigelnagelneuen Flieger bequem mache, sehe ich mein Backpack die Rampe hochfahren und im Bauch der Maschine verschwinden. Es läuft und vorfreudig geht es die letzten eineinhalb Flugstunden der Sonne entgegen.

Am kleinen Airport von Cartagena geht alles ganz fix. Mitsamt Hasi, Gepäck und der restlichen Passiergierladung werde ich zügig zum Ausgang und zum offiziellen Taxistand dirigiert. Dort erwirbt man am Schalter ein Ticket zum Fixpreis von 13.500 COP für die Fahrt ins Stadtzentrum. Heißt, es gibt fürs Erste kein Geldzählen, Verhandeln und Diskutieren mit den Taxifahrern.

Als Homebase in Cartagena habe ich mir das Santuario Hostel in Getsemaní – mit diesem gei… äh schönen Graffiti – ausgewählt, da ich dort auch in der kommenden Woche einen Spanisch-Sprachkurs besuchen werde. Das Hostel ist wunderbar zentral, aber doch ruhig gelegen. Über die äußere Stadtmauer und die Lagune fällt der Blick auf das trutzige Castillo de San Felipe.

Da schaut es innen doch um Einiges gemütlicher aus 🙂

Um 8 Uhr am Morgen kann ich zwar im Santuario Hostel einchecken, aber natürlich sind die Dorms noch von den Langschläfern belegt. Also deponiere ich mein Backpack, zupfe leichte Kleidung heraus, sortiere meinen Tagesrucksack und begebe mich nach einem leichten Frühstück gleich auf Entdeckungstour. Gerade recht, um mich ein bisschen einzugrooven, denn viel Zeit bleibt mir erst einmal nicht in dieser geschichtsträchtigen Stadt. Für Morgen habe ich mir schon einen Platz im Marsol-Minibus nach Santa Marta gebucht. Ich möchte weiter nach Norden zum Parque Nacional Natural de Tayrona, um dort meinen Geburstagstag am Karibikstrand zu verbringen.

Warum das alles so zackig geht, hat einen Grund. Ursprünglich hatte ich geplant, eine Woche in Cartagena zum Spanisch-Lernen zu bleiben und dann erst weiterzureisen. Aber die Staatliche Nationalparkverwaltung hat kurzfristig Ende 2019 bekannt gegeben, dass das Schutzgebiet Tayrona im Februar für den Tourismus gesperrt wird. Gleichzeitig wurde der bisher für den offiziellen Ticketverkauf zuständigen Agentur die Lizenz entzogen. Damit war das Organisations-Chaos perfekt. Aber mit viel Geduld, ausgiebiger Recherche und Korrespondenz konnte ich doch noch alles so hinbiegen, dass meine Pläne aufgehen.

Bei bedecktem Himmel und schwül-warmem Wind schlendere ich also durch die Carrera 30 in Richtung der inneren Altstadt und sammele erste Eindrücke:

Je weiter der Morgen voranschreitet, umso voller werden die Straßen. Neben vielen jungen Reisenden tummeln sich auch ganze Kreuzfahrtschiffsladungen in den Gassen. Hoch-Zeit für die Palenqueras, fahrenden Händler und die Coches-Fahrer.

Schon der erste Erkundungsgang hält mich 3 Stunden in Atem und ich komme bis zu den Murallas (Stadtmauern) der inneren Altstadt mit Blick auf die Neustadt Bocagrande.

Übrigens stelle ich gleich am ersten Tag fest: die Kolumbianer sind mehrheitlich mehr als gut beieinander und tragen in Anbetracht ihrer Körperfülle oft viel zu enganliegende oder freizügige Kleidung. Boteros Gordos bekommen angesichts dieser Tatsachen eine ganz neue Gewichtung. Nicht unbedingt zur Verschönerung dieses Blogs, hier ein paar klitzekleine Beispiele:

Im Supermarkt mache ich noch einige Einkäufe für die morgige Fahrt, buche gleich mehrfach 300.000 Pesos ab, denn in den nächsten 7 Tagen werde ich keinen Bankautomaten mehr aufspüren können, und genehmige mir mein erstes Club Colombia Bierchen (auf das ich ja eigentlich schon im Flieger gespechtet habe).

Danach beziehe ich meine herrliche Schlafbox im Santuaria Hostel, ein kurzes Nickerchen, auffrischen und  … um 16 Uhr stehe ich schon wieder am Muelle de Los Pegasos für eine Free Walking Tour mit Mercedes (also nicht mit dem Auto, sondern mit einer Führerin diesen Namens) durch Cartagenas historische Altstadt.

Durch den Torre del Reloj und die innere Stadtmauer kommen wir auf den Plaza de los Coches, den früheren Sklavenmarkt. Heute versammeln sich hier abends um 17 Uhr die Pferdekutschen (coches) und unter den Arkaden befindet sich das Portal de los Dulces, mit allerlei Pappzeug.

Weiter geht die Runde über die Plaza de la Aduana, dem früheren Zollplatz. Der größte Platz von Cartagenas Altstadt ist heute Rathaus- und Festplatz Cartagenas. Christoph Columbus hat dauerhaft sein Auge drauf.

Über die Farben der kolumbianische Flagge gibt es viele Geschichten. Am wahrscheinlichsten ist die Deutung, dass das Gelb für Gold und Reichtum steht, das Blau für die beiden Ozeane und das Rot für das vergossene Blut der Unabhängigkeitskämpfer.

Nicht allzu weit entfernt liegt die schöne Plaza San Pedro Claver, umrahmt mit monumentalen Gebäuden und dem Santuario de San Pedro Claver.

Der Pater San Pedro Claver gilt als Kämpfer für die Schwarzen und Indios. Auch die Palenqueros, die bunt gekleideten Obstfrauen in Cartagenas Straßen, sind Nachfahren der schwarzen Sklaven. Sie leben immer noch in dem kleinen Pueblo Basilio de Palenque – die vermutlich erste freie von entlaufenen Sklaven gegründete Siedlung Südamerikas.

Da fällt mir ein: Papst Johannes Paul war auch in Cartagena – und just an unserem Hochzeitstag am 06.06.1986.

Parallel zur Stadtmauer führt uns Mercedes zum Balluarte San Francisco Javier und zur Plaza de Santa Teresa.

Nächstes Ziel ist der Palacio de la Inquisición am Plaza de Simon Bolívar. So eingekastelt, sieht man nicht allzu viel von dem Gebäude und auch dem Nationalheld Simon Bolívar wird hier nur ein bescheidenes, schattiges Plätzchen eingeräumt.

Mehr Beachtung scheinen mir da die jährlichen Schönheitswettbewerbe zur Miss Colombia (3 x sogar zur Miss Universum) zu finden. Nach Aussage der Führerin fahren da alle Kolumbianer voll drauf ab. Für mich nicht wirklich nachzuvollziehen, denn die bisher gekrönten Schönheiten haben allesamt europäisch-spanische Züge und haben damit absolut Zero Ähnlichkeit zu 98% der kolumbianischen Frauen – von der Figura und Talla mal ganz zu schweigen.

Auch die Kathedrale von Cartagena steht eingepfercht im Häusermeer und wirkt von unten betrachtet relativ unscheinbar. Nur über die Dächer Cartagenas hinweg nimmt man den markanten gelb-braunen Turm wahr.

Letzter Stopp der Führung ist die Iglesia de Santo Domingo am gleichnamigen Platz, wo ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit einer von Boteros nackten Gordas (Bild oben) mache.

Puh, ein straffes Tagesprogramm nach einem Nachtflug über den Atlantik! Aber morgen im Bus kann ich mich ja ausruhen.

Für kompliziertes Speisekarten-Studium habe ich nun keinen Nerv mehr, weshalb ich in Getsemaní am hübschen Plaza del Pozo eine Pizzeria ansteuere und diesen Tag mit Pizza und Cerveza abschließe. Todmüde krieche ich nach der kalten Dusche (ja, kein warmes Wasser hier im Hostel) in meine Schlafbox, lasse das Rollo runter und falle mit meinen neuen Wachs-Ohropax in einen tiefen und erholsamen Schlaf.

2 Gedanken zu “FETTE 6 WOCHEN IN KOLUMBIEN

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